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KZ Auschwitz: Todesmärsche und Befreiung

KZ Auschwitz Todesmärsche und Befreiung
Am 17. Januar 1945 steht die Rote Armee kurz vor dem dem KZ Auschwitz. Die SS lässt Zehntauende Häftlinge deshalb in andere Konzentrationslager marschieren. Wer zusammenbricht, wird erschossen. Tausende Menschen sterben.

Die Vermutung, dass das Lager Auschwitz geräumt wird, kursiert schon ein paar Tage zuvor unter den Häftlingen. Der italienische Häftling Primo Levi liegt zu diesem Zeitpunkt im Krankenbau und ahnt, dass die Kranken zurückgelassen werden. Die meisten, die gehen müssen, sind euphorisch, weil sie nicht ahnen, was auf sie zukommt. Levi sieht ihre Hoffnungen und ahnt Schlimmes. In seinen Erinnerungen wird er 1947 schreiben:

Ein Wahnsinn, sich einzubilden, auch nur eine einzige Stunde lang marschieren zu können, schwach wie sie waren, und noch dazu im Schnee und mit diesen kaputten Schuhen, die sie im letzten Augenblick aufgetrieben hatten. Ich versuchte, es ihnen klar zu machen, sie sahen mich nur wortlos an. Sie hatten Augen wie verschreckte Tiere.

Primo Levi "Ist das ein Mensch?" (dtv, 10. Auflage 2019)

Es ist eine grässliche Ironie des Schicksals, aber tatsächlich haben die, die in Auschwitz bleiben müssen, die besseren Chancen zu überleben, denn die Märsche zu den Bahnhöfen sind Todesmärsche. Die SS erschießt jeden, der nur ein bisschen zurückbleibt. Gefrorene Leichen liegen zu Tausenden entlang des Weges. Die SS nennt den Vorgang zynisch "Evakuierung".

Das ist keine Evakuierung, das ist kein In-Sicherheit-Bringen. Das ist ein In-den-Tod-Führen, Wegführen von der Befreiung. Wegführen vom Leben im weitesten Sinne.

Christoph Kreutzmüller Historiker in der Gedenkstätte "Haus der Wannseekonferenz"

Winter 1945: Wann kommt Rettung?

Die in Auschwitz zurückgebliebenen Kranken – um die 8.000 Menschen – fallen in ein Vakuum. Die SS scheint weg, die Rote Armee ist noch nicht da. Kampfhandlungen sind schon vereinzelt zu hören, doch wann kommt Rettung? Und wie bis dahin überleben? Ein paar Schritte außerhalb der Baracke findet Primo Levi einen alten Ofen und schafft es, ihn anzufeuern.

Als das zerbrochene Fenster instand gesetzt war und der Ofen schon Wärme abgab, schien es, als löste sich etwas in jedem von uns und da geschah es, dass Towarowski (ein Französischpole, 23 Jahre alt, typhuskrank) den anderen Kranken vorschlug, sie sollten uns dreien, die wir arbeiteten, jeder eine Scheibe Brot abgeben und es wurde akzeptiert. Nur einen einzigen Tag zuvor, wäre ein solches Ereignis undenkbar gewesen.

Primo Levi "Ist das ein Mensch?"

Die Häftlinge finden ein bisschen Essen, alte Kleidung und Decken. Die größte Angst, dass die SS zurückkommt und alles in Brand steckt, wird zum Glück nicht Wirklichkeit. Es sterben trotzdem immer wieder Menschen, weil sie zu schwach und zu krank sind, um die Befreiung des KZ Auschwitz noch zu erleben. Die Häftlinge, die den Todesmarsch überlebt haben, erreichen derweil die Bahnhöfe Gleiwitz und Loslau. Sie werden in offene Waggons gepfercht und Richtung Westen gefahren.

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