Von Weltrekord über Heiratsantrag war beim Marathon alles dabei
So 25.09.22 | 16:08 Uhr
Während Berlin noch lief, war Eluid Kipchoge mit Weltrekord bereits im Ziel. Die Tausenden Zuschauer am Straßenrand feierten den Marathon-Olympiasieger. Davon unbeeindruckt kämpften die Hobbyläufer weiter um ihre persönliche Bestzeiten.
So schnell konnte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kaum gucken und das Siegerband hochhalten, wie der amtierende Marathon-Olympiasieger Eliud Kipchoge da an ihr vorbeigebraust ist. Weltrekord! Der 37-jährige Kenianer lief die 42,195 Kilometer am Sonntag in 2:01:09 Stunden Für die bisherige Bestmarke hatte Kipchoge selbst 2018 an gleicher Stelle in 2:01:39 Stunden gesorgt. Zunächst sah es sogar so aus, als könnte er als Erster in einem offiziellen Rennen die Zwei-Stunden-Marke unterbieten.
Die schnellste Frau erreichte das Ziel rund eine Viertelstunde später. Die Äthiopierin Tigist Assefa siegte in 2:15:37 Stunden. Das war die drittbeste je gelaufenen Frauen-Zeit bei einem Marathon.
Zuvor gab am Sonntagmorgen Berlins Regierende in grüner Trainingsjacke den Startschuss zur 48. Auflage. Punkt 9:15 Uhr ließ es Giffey ordentlich knallen. Insgesamt 35.564 Läuferinnen und Läufer setzen sich am Sonntag in Bewegung. Dazu starteten 34 Rollstuhlfahrer und 71 Handbiker.
Für Sicherheit am Streckenrand sorgten 600 Mitarbeitende von Rettungsdiensten oder sonstigen medizinischen Fachkräften. Zudem unterstützten 5.730 Freiwillige den Lauf. Jede und Jeder, die/der die Ziellinie überquerte, wurde mit einer Medaille ausgezeichnet. In Gewicht sind das 11,5 Tonnen Medaillenmaterial, hinzu kamen mehrere zehntausend Liter Wasser und hunderte Kilo Äpfel und Bananen.
Neben den absoluten Top-Läuferinnen und -Läufern waren auch viele Hobbysportler mit auf der Strecke, die weitaus länger brauchten. Aber dabei sein ist alles - so sieht es auch Michel Meichsmer. 2016 wurden bei ihm Depressionen diagnostiziert. Bei seiner Therapeutin sollte er etwas malen - und weil er das nicht kann, wurde es "nur" ein Regenbogen. Den sollte er auf Anraten seiner Therapeutin dann als Symbol für den Weg aus der Krankheit nehmen. Seitdem tritt er bei Läufen ausschließlich in einem Regenbogen-farbenen Anzug an. So knallbunt gekleidet hob er sich von den 45.527 Mitläuferinnen und Mitläufern kräftig ab.
Der Berlin-Marathon ist übrigens auch für Kuriositäten bekannt. Bestes Beispiel am Sonntag um kurz vor 11 Uhr: rbb-Reporter Christian Dexne versucht bei Kilometer zehn die Hobbyläufer-Gruppe "Run Pack" zu interviewen, als plötzlich ein Gruppenmitglied auf eine Frau mit Kinderwagen zuläuft und vor ihr auf die Knie geht. Später bestätigt die Frau, dass es ein Heiratsantrag war und sie "Ja" gesagt habe. Der Mann läuft weiter, die Frau bleibt offensichtlich hocherfreut zurück.
Der Berlin-Marathon ist mittlerweile eine weltweit bekannte Marke. Ganze Großfamilien waren beispielsweise aus Mexiko angereist. Während die Männer die Laufschuhe überzogen und die 42,195 Kilometer joggend überwanden, feuerten die Frauen vom Straßenrand aus an. Nicht weit weg stand Anna aus Irland, die ihre Schwester Louise unterstützte. "Sie lebt in New York und wollte in Berlin laufen", sagte Anna. Da sei es klar gewesen, dass sie mit nach Berlin komme und Louise helfe. Auch eine Gruppe aus San Francisco hatte es sich nicht nehmen lassen, an die Spree zu kommen.
Der frühere Fußball-Star Kaká feierte in Berlin sein Marathon-Debüt und bleib dabei unter dem von ihm selbst gesteckten Zeitziel. Der 40-jährige Brasilianer, der offiziell unter seinem bürgerlichen Namen Ricardo Leite antrat, brauchte für die 42,195 Kilometer am Sonntag 3:38:06 Stunden. Vorgenommen hatte sich der ehemalige Weltfußballer eine Zeit von 3:40 Stunden.
Der Weltmeister von 2002 hatte angekündigt, zusammen mit seinem Trainer zu laufen, der ihm Berlin als Strecke für sein Debüt nahegelegt hatte. "Ein flacher Marathon, eine sehr gute Stadt, gute Atmosphäre - das gesamte Paket hat mich dazu gebracht, in Berlin zu laufen", hatte Kaká am Freitag erklärt.
Ingesamt ging es beim Berlin Marathon sehr fair zu. Das bestätigte auch der frührere Amateur-Radweltmeister Rainer Podlesch. Er begleitete in offizieller Funktion das Rennen der Frauen. "Wir fuhren an der Spitze voraus, um für die Damen den Weg freizuräumen", erklärte er. "Weil die Zuschauer doch sehr begeistert waren, hätten sie manchmal vielleicht doch eine Gefahr werden können." Hier und da sei es an Baustellen ein wenig eng geworden. Passiert sei gar nichts, so Podlesch stolz.
Und auch im Umfeld der Großveranstaltung blieb es cool. Die Polizei registrierte im Marathon-Kontext so gut wie keine Probleme.
Einen der schönsten Jobs beim Marathon hatte die Freiwillige Nadja. Sie verteilte im Zielbereich an die Sportlerinnen und Sportler die Teilnahmemedaillen. Sie blickte dabei fast nur in strahlende Gesichter. "Manche ärgerten sich im Ziel aber über ihre Zeiten und schüttelten ihre Köpfe", sagte sie. Das könne sie auch verstehen.
Viele andere waren einfach nur stolz, dass sich den Marathon geschafft hatten. Weil sie so glücklich über ihre Leistungen waren, ließen sie ihre Medaillen im Zielbereich beispielsweise mit der Laufzeit gravieren. Das hat auch Läufer Ronny getan. Er hat sich 2:43.44 Stunden eintragen lassen. "Meine bisherige Bestzeit war acht Minuten langsamer und das muss ja ewig festgehalten", sagte er.
Große Teile der Berliner Innenstadt sind wegen des größten deutschen Stadt-Marathons gesperrt. Autofahrende sollten deshalb den Innenstadtbereich meiden und stattdessen den Stadtring nutzen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 25.09.2022, 19:30 Uhr