Fataler Versprecher: Biden bezeichnet Selenskyj irrtümlich als ...

Freitag, 12.07.2024, 07:42
Beim NATO-Gipfel kam es zu einem peinlichen Versprecher: Als US-Präsident Biden den Auftritt des ukrainischen Präsidenten Selenskyj ankündigen wollte, stellte er diesen irrtümlicherweise als „Präsident Putin“ vor. Laut Berichten haben einige seiner Berater nun Zweifel an seinem Sieg bei den US-Wahlen geäußert.
Washington – US-Präsident Joe Biden hat am Donnerstag auf dem NATO-Gipfel in Washington den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj irrtümlich als „Präsident Putin“ vorgestellt. „Meine Damen und Herren, Präsident Putin“, sagte Biden über Selenskyj, bevor er sich selbst korrigierte. In einer Pressekonferenz verteidigte Biden sein Antreten bei der Präsidentschaftswahl. Er sei „die qualifizierteste Person“, um seinen republikanischen Herausforderer Donald „Trump zu schlagen“.
Video | Biden nennt Selenskyj am NATO-Gipfel „Putin“
„Ich bin nicht wegen meines Vermächtnisses dabei. Ich bin dabei, um den Job zu beenden“, erklärte Biden vor Journalisten, die ihn auf seine Kandidatur ansprachen. Biden steht unter Beobachtung, seit einem TV-Duell gegen Trump Ende Juni Zweifel an seiner geistigen und körperlichen Fitness gesät hatte.
„Ich hab dumme Fehler in der Debatte gemacht“, räumte er ein. Aber: „Ich bin die qualifizierteste Person, diesen Job zu machen, sicherzustellen, dass die Ukraine Erfolg hat, und dass das Bündnis stark bleibt.“ Gleichzeitig verwies er darauf, dass er Trump bereits besiegt habe.
Selenskyj reagiert mit Humor
Zuvor hatte Biden beim Gipfel über den russischen Angriffskrieg gesprochen und wollte dann das Wort Selenskyj erteilen. Er sagte: „Nun übergebe ich das Wort an den Präsidenten der Ukraine, der ebenso viel Mut wie Entschlossenheit besitzt. Meine Damen und Herren: Präsident Putin.“
Noch während er sich vom Rednerpult wegdrehte, bemerkte der 81-Jährige den Fehler. Er korrigierte sich unmittelbar und sagte entschuldigend, er sei so sehr darauf konzentriert, Putin zu besiegen. Selenskyj, der neben ihm auf der Bühne stand, konterte scherzhaft mit den Worten: „Ich bin besser.“
Ich bin besser.
Wolodymyr Selenskyj (Ukrainischer Präsident)
Seine Amtskollegen gaben sich nach dem Lapsus konziliant. „Versprecher kommen vor, und wenn man immer alle beobachtet, findet man auch genug davon“, sagte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, als er von Reportern auf den Vorfall angesprochen wurde. „Aber das ändert nichts an dem, was der US-Präsident in seiner Rede sehr deutlich gesagt hat.“
Auch der französische Präsident Emmanuel Macron sprach davon, dass es jedem mal passiere, sich zu versprechen, es passiere auch ihm. Sein Treffen mit Biden am Mittwoch sei „detailliert und präzise“ gewesen.
Zweifel an Bidens Kandidatur
Zuvor hatten Medien berichtet, dass einige der Berater Bidens nicht davon überzeugt seien, dass der 81-Jährige bei der Präsidentschaftswahl im November gewinnen könne. In den vergangenen Tagen hätten Berater Bidens versucht, Möglichkeiten zu finden, Biden davon zu überzeugen, sich aus dem Rennen zurückzuziehen, berichtete die New York Times unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen.
Biden sei weiter felsenfest davon überzeugt, im Rennen bleiben zu wollen. Dafür würde sich auch sein engster Beraterkreis aussprechen, zu dem seine Familie gehört, so die Zeitung.
Das Weiße Haus dementierte, dass Bidens Team nicht geschlossen hinter dem Demokraten stehen würde. „Das ist eindeutig nicht wahr“, zitierte die Zeitung Andrew Bates, einen Sprecher des Weißen Hauses. „Das Team von Präsident Biden steht voll hinter ihm.“
Er muss aussteigen. Davon wird er sich nie mehr erholen.
Vertreter Bidens (anonym)
Aber auch der US-Sender NBC berichtete, dass mehrere von Bidens Verbündeten die Gewinnchancen bei der Wahl im November bei null sehen würden. „Er muss aussteigen“, zitierte der Sender einen nicht namentlich genannten Vertreter aus Bidens Wahlkampfteam. „Davon wird er sich nie mehr erholen.“
Parteikollegen fordern Rücktritt
Vor der mit Spannung erwarteten Pressekonferenz von Biden haben sich hochrangige Berater des US-Präsidenten mit Senatoren getroffen. Unter anderem sollte die Vorsitzende von Bidens Wahlkampfteam, Jen O'Malley Dillon, am Donnerstag in der Kongresskammer um Unterstützung für den Amtsinhaber werben.
Der Demokrat war mehr als drei Jahrzehnte – von 1973 bis 2009 – selbst Senator. Auf die Frage, ob die Berater die Bedenken in der Kammer hinsichtlich der Wahl ausräumen könnten, antwortete Senator Joe Manchin: „Das kann nur der Präsident tun.“
Im Senat wie auch in der anderen Kammer, dem Repräsentantenhaus, gibt es die Befürchtung, dass ein Abrutschen des Präsidenten in Umfragen auch die Chancen seiner Partei im Kongress beschädigen könnte. Am 5. November werden neben dem Präsidenten auch ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus neu gewählt.
Dort sind die Mehrheiten äußerst knapp. Mehrere Parteikollegen und Prominente haben Biden offen aufgefordert, seine Bewerbung zurückzuziehen, andere einflussreiche Demokraten zeigten sich merklich zurückhaltend. Der Präsident hat mehrfach erklärt, an seiner Bewerbung festzuhalten. (APA, dpa, Reuters)
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