Zeitweise deutliche Kursverluste: Auch die Wall Street gerät unter Druck
Marktbericht
Stand: 22.02.2022 22:05 Uhr
Die wichtigsten US-Aktienindizes haben ihre Kursverluste im Handelsverlauf weiter ausgebaut. Zu unsicher bleibt die Entwicklung in der Ostukraine und speziell auf dem Rohstoffmarkt.
Die wichtigsten Aktienindizes an der New York Stock Exchange und der Technologiebörse Nasdaq gingen mit deutlichen Kursverlusten aus dem Handel. Der Dow-Jones-Index verlor 1,4 Prozent auf 33.597 Punkte. Der Nasdaq-Composite-Index rutschte um 1,2 Prozent auf 13.381 Zähler ab.
Zuvor hatte der DAX den elektronischen XETRA-Handel bei 14.693 Punkten beendet, ein Minus von 0,3 Prozent. Nach zwei sehr schwachen Handelswochen hielten sich die Anleger weiter wegen des Ukraine-Konflikts zurück. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Vortag die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk gegen internationalen Protest als souveräne Länder anerkannt und holte inzwischen im Parlament die Erlaubnis für einen Einsatz russischer Truppen ein.
Am Abend gab Russland zudem bekannt, dass Russland diplomatische Beziehungen zu Luhansk und Donezk aufnimmt. Wie das russische Außenministerium mitteilte, will Russland die Zusammenarbeit mit den Gebieten Donezk und Luhansk ausbauen.
Die USA haben wegen der dramatischen Eskalation im Ukraine-Konflikt neue Sanktionen gegen Russland angekündigt. Die Strafmaßnahmen werden sich gegen zwei große Banken, gegen den Handel mit russischen Staatsanleihen und gegen Unterstützer Putins richten, wie US-Präsident Joe Biden am Abend ankündigte.
Experten halten sich zurückDie meisten Marktbeobachter äußerten sich wegen der unklaren Aussichten vorsichtig. Aktuell werde an den Kapitalmärkten eine weitere Eskalation in der Ukraine-Krise eingepreist, "aber sicher noch nicht eine das ganze Land umfassende Invasion", sagte Portfoliomanager Christoph Schmidt von der DWS.
"Im kurzfristigen Zeithorizont stellt dieser Konflikt für die Aktienmärkte einen signifikanten Belastungsfaktor dar", konstatierte Analyst Frank Wohlgemuth von der National-Bank. In der Vergangenheit hätten sich politische Börsen zwar oft als kurzlebig erwiesen. Ob dies erneut der Fall sein werde, sei aber seriös nicht zu beantworten. Eine Lösung des Konflikts sei nicht in Sicht.
tagesschau 12:00 Uhr, 22.2.2022
Noch schwankungsreicher als bei DAX und Dow war heute der Handel an der russischen Börse. Der RTS-Index erholte sich von einem anfänglichen Einbruch im erneut zweistelligen Prozentbereich und notierte zuletzt sogar mehr als ein Prozent im Plus. Besonders starke Kursgewinne verbuchte die Gazprom-Aktie.
Verunsicherung am ErdgasmarktUngeachtet der Eskalation der Ukraine-Krise sagte Putin laut Nachrichtenagentur TASS zu, die Gaslieferungen an die Weltmärkte ohne Unterbrechung fortzusetzen. Dies habe er in einem Schreiben an eine Energiekonferenz in Doha in Katar versichert, berichtete die russische Nachrichtenagentur.
Dennoch treiben die aktuellen Ereignisse den Preis für Erdgas in Europa. Der richtungweisende Terminkontrakt kostete zeitweise mehr als 80 Euro je Megawattstunde. Laut der Commerzbank sollten die europäischen Gasvorräte zwar bis zum Ende des Winters reichen. Ohne ausreichende russische Gaslieferungen dürfte sich aber der Lageraufbau für den nächsten Winter als schwierig erweisen.
Viel höherer Gaspreis angedrohtDer Vize-Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates in Russland, Dmitri Medwedew, schürte zudem die Furcht vor höheren Gaspreisen durch die auf Eis gelegte Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Laut der Nachrichtenagentur Ria sagt der frühere Ministerpräsident: "Willkommen in einer Welt, in der Europäer 2000 Euro für 1000 Kubikmeter Gas zahlen." Sollte es zu einer solchen Entwicklung kommen, wäre das natürlich eine Katastrophe für die deutsche und europäische Wirtschaft. Die Börsen dürfte eine solche Entwicklung ebenfalls nicht unbeeindruckt lassen.
Weitere Sanktionen?Als Strafmaßnahme gegen Russland könnte die Europäische Union laut einem EU-Vertreter den Handel mit russischen Staatsanleihen verbieten. Zudem würden Sanktionen gegen Hunderte Personen diskutiert. Die EU-Botschafter seien einstimmig für Sanktionen, sagte zudem ein EU-Diplomat. Sie würden sich im Laufe des Tages erneut treffen, um Details zu erörtern.
ifo-Index sehr robustDie Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar überraschend deutlich aufgehellt. Das Barometer für das Geschäftsklima stieg den zweiten Monat in Folge - und zwar auf 98,9 Punkte nach 96,0 Zählern im Januar, wie das Münchner Ifo-Institut zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte - die allerdings vor der jüngsten Verschärfung der Lage in der Ukraine durchgeführt worden war.
"Die deutsche Wirtschaft setzt auf ein Ende der Coronakrise. Die Zuspitzung der Krise um die Ukraine bleibt aber ein Risikofaktor", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.
VW Vorzüge und die Papiere der VW-Holding Porsche SE standen ebenfalls im Fokus. Die Papiere sprangen gegen den Trend kräftig an und gehörten zu den stärksten Werten im DAX. Auch die Stammaktie, die nicht im Leitindex enthalten ist, legte zu. Anleger reagieren elektrisiert auf die Nachricht, dass Volkswagen die Sportwagentochter Porsche an die Börse bringen will.
Mit dem VW-Großaktionär Porsche Automobil Holding SE gebe es dahingehend fortgeschrittene Gespräche, teilte der Wolfsburger DAX-Konzern am Vormittag mit. In der Holding bündeln die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch ihre Anteile am Konzerngeflecht. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Über einen möglichen Börsengang der Renditeperle Porsche wird seit längerem spekuliert. Porsche-Vorzugsaktien waren der stärkste Wert im DAX.
Auch auf die anderen Anlageklassen hat die Lage in der Ukraine große Auswirkungen und sorgt für hohe Schwankungen. Wie so oft in Krisenzeiten war der Dollar am Morgen zunächst gesucht. Die Gemeinschaftswährung rutschte zeitweise unter 1,13 US-Dollar, wurde zuletzt aber wieder bei knapp unter 1,1350 Dollar gehandelt.
Am Rohstoffmarkt zieht der Ölpreis derweil an. Russland ist schließlich einer der größten Öl- und Gasexporteure weltweit. Nordsee-Öl der Sorte Brent steht damit knapp vor der Marke von 100 Dollar je Fass.
Der Goldpreis profitierte nur vorübergehend von der Zuspitzung im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. In der Nacht zum Dienstag erreichte der Preis für eine Feinunze (rund 31,1 Gramm) mit 1914 Dollar den höchsten Stand seit Juni 2021. Er gab seine Gewinne jedoch rasch wieder ab.
Der Gesundheitskonzern Fresenius hat das vergangene Jahr mit einem überraschend kräftigen Gewinnanstieg abgeschlossen. Der bereinigte Konzerngewinn kletterte im vierten Quartal um fünf Prozent auf 521 Millionen Euro, wie das Unternehmen mitteilte. Analysten hatten dagegen einen Rückgang auf im Schnitt rund 489 Millionen Euro erwartet. Die Zahlen werden trotzdem von der Börse schwach aufgenommen, die Aktie steht am DAX-Ende.
Zudem Fresenius zeigt sich offen für einen Verkauf seines Anteils an der Dialysetochter FMC. "Wir sehen in allen vier Unternehmensbereichen sehr gute Wachstumschancen, deshalb ist es für uns auch attraktiv, in allen vier Unternehmensbereichen investiert zu sein", sagte Vorstandschef Stephan Sturm am Dienstag. Das sei aber keine Garantie, dass dies "auf jeden Fall und für alle Zeiten" gelte. Der Konzern wolle beim Infusionshersteller Fresenius Kabi alleiniger Eigentümer bleiben. Bei der ebenfalls im DAX notierten Dialysetochter FMC, an der der Konzern 32 Prozent hält, zieht Sturm indes einen Verkauf des Anteils in Betracht - sollte es dafür ein "wirklich attraktives Angebot" geben.
Die Dialysetochter FMC hatte mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen, allerdings ging die Übersterblichkeit bei Patienten im vierten Quartal zurück. Der bereinigte Konzerngewinn stieg um 29 Prozent auf 229 Millionen Euro. Der Umsatz erhöhte sich um sechs Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Die FMC-Aktie legte gegen den Trend zu.
Die Münchener Rück will nach zwei Jahren Pause wieder mit dem Rückkauf eigener Aktien beginnen. Von Ende April an bis zur Hauptversammlung im kommenden Jahr will der weltgrößte Rückversicherer dafür bis zu eine Milliarde Euro ausgeben, wie er heute mitteilte. Die Dividende solle auf von 9,80 Euro im Vorjahr auf 11,00 Euro je Aktie erhöht werden
Der Heimwerker-Boom hat dem US-Baumarktkonzern Home Depot erneut ein Rekordjahr beschert. Dabei übertraf das Unternehmen 2021 erstmals die Umsatzschwelle von 150 Milliarden US-Dollar. Die Erlöse stiegen um 14 Prozent auf 151,2 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn stieg im vergangenen Jahr von 12,9 auf 16,4 Milliarden Dollar. Die Aktionäre sollen eine um 15 Prozent höhere Quartalsdividende von 1,90 Dollar je Aktie erhalten. Bereits ein Jahr zuvor hatte Home Depot ein Rekordjahr verzeichnet, nachdem die Nachfrage in der Pandemie sprunghaft angestiegen war.