Champions-League-Halbfinale: BVB mit Zweifel und Zuversicht ...
Das Formulieren von Botschaften der Zuversicht fällt den Angehörigen von Borussia Dortmund nicht so leicht in diesen Tagen, in denen der Revierklub sich erstmals seit 2013 wieder in den allerhöchsten Sphären des europäischen Fußballs zeigen darf. „Du spielst zu Hause, spielst gegen Paris, und ich habe das Gefühl, dass die Fans gegen Paris sowieso immer besonders heiß sind“, sagt Julian Brandt vor dem Halbfinale in der Champions League gegen den französischen Meister (Mittwoch 21 Uhr, im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei DAZN).
Es sind weiche Faktoren wie die Energie des eigenen Stadions und vielleicht auch die Hoffnung auf zu viel Erwartungsdruck beim Gegner, aus denen die Dortmunder den Glauben an einen Finaleinzug ziehen. Der Blick auf die Spieler und ihre Form nährt hingegen eher Zweifel und wirft eine schwierige Frage auf: Wieso hat der BVB, der in der Bundesliga sowohl fußballerisch als auch tabellarisch weit weg ist von den vier besten Teams, die Runde der vier stärksten Klubs in Europa erreicht?
Vielleicht spielte Glück bei der Auslosung eine Rolle, die Dortmunder trafen im Achtelfinale auf die PSV Eindhoven und im Viertelfinale auf Atlético Madrid, auf vergleichsweise leichte Gegner also. Allerdings gibt es ein gutes Gegenargument: Der BVB beendete die Vorrunde auf Platz eins in der schwersten Gruppe, in der Newcastle United und die AC Mailand ausschieden, während zwei spätere Halbfinalisten weiterkamen: Dortmund und Paris. All das passt irgendwie zu der windschiefen Saison der Borussia, über die Brandt schon jetzt sagt: „Wir spielen ganz klar unter unseren Ansprüchen.“
Aufräumarbeiten haben begonnen
Der Ausbruch einer Großkrise wird im Prinzip nur durch die Tatsache verhindert, dass aufgrund einer neuen Regel und wegen der guten Europapokalergebnisse der deutschen Teilnehmer sehr wahrscheinlich auch der fünfte Platz in der Bundesliga für die Teilnahme an der kommenden Champions-League-Saison berechtigt. Aber die Aufräumarbeiten hinter den Kulissen haben längst begonnen.
Dass von diesem Mittwoch an mit Lars Ricken (Geschäftsführer Sport) und Sven Mislintat (Technischer Direktor) gleich zwei Fachleute für Spielerentdeckungen und -entwicklungen neu dabei sind, gleicht einem Eingeständnis: Die Kaderplanung der jüngeren Vergangenheit war mangelhaft, denn zum Teil sehr kostspielige Transfers von Spielern wie Niklas Süle, Felix Nmecha, Karim Adeyemi, Salih Özcan, Ramy Bensebaini oder die teuren Vertragsverlängerungen mit Emre Can oder Youssoufa Moukoko erscheinen rückblickend wie Fehlentscheidungen.
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Brandt räumt sogar ein, dass selbst die gefeierten Auftritte in der Champions League „teilweise etwas wild“ gewesen seien, weil immer wieder Tempodefizite in der Defensive sichtbar wurden – und Spieler wie Stürmer Niclas Füllkrug auf diesem Niveau an Grenzen stoßen. Aber an einzelnen Abenden war der BVB schon richtig gut, „wir haben oft bewiesen, dass wir sehr schnell wieder zurückkommen, in kurzen Abständen ein anderes Gesicht zeigen können“, sagt Torhüter Gregor Kobel.
Gegen Paris werden immerhin die zuletzt in der Bundesliga gesperrten Can und Ian Maatsen, der angeschlagene Marcel Sabitzer und der von seinen Knieproblemen genesene Donyell Malen ins Team zurückkehren. Außerdem kann Mats Hummels trotz einer Platzwunde am Schienbein spielen.
Das ändert aber nichts an der Außenseiterrolle des BVB, wobei man nie so genau weiß, woran man ist bei diesem Team: In der Liga haben die Dortmunder nur fünf Punkte gegen die besten vier Klubs erspielt, drei beim FC Bayern und jeweils einen in den Duellen mit Bayer Leverkusen. An den ganz großen Herausforderungen scheint diese Mannschaft irgendwie zu wachsen.