Konsul klagt "Falter"-Chefredakteur Klenk wegen Beleidigung
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Der Beamte des Außenministeriums sieht sich durch einen Bericht in der Wochenzeitung als "dumm, faul und präpotent" verunglimpft
Reportage
/Michael Möseneder
14. Juni 2023, 11:40
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Wien – Dass ein Journalist oder eine Journalistin für einen Artikel persönlich geklagt wird, ist in Österreich recht selten. Gemeinhin wird nur medien- und nicht strafrechtlich gegen Autoren vorgegangen. Ein Konsul an der österreichischen Botschaft im Iran ist von diesem Usus abgewichen: Er hat gegen Florian Klenk, Chefredakteur des "Falter", eine Privatanklage wegen Beleidigung erhoben, da sich der Beamte als "dumm, faul und präpotent" verunglimpft sieht.
Der Hintergrund: Klenk berichtete in der Wochenzeitung über den Fall eines mit einem Österreicher verheirateten Iraners, dessen Verwandte zu Besuch kommen wollten. Um Visa zu erlangen, mussten sie zur privaten Firma VFS Global. Der Ehemann des Iraners wandte sich im Vorfeld an die Botschaft, um darum zu bitten, dass die Einreiseanträge dort abgegeben werden können, da nicht auszuschließen sei, dass die Privatfirma die sexuelle Orientierung des Paares an die iranischen Behörden weitergeben könnte. Homosexualität wird in der Islamischen Republik mit dem Tod bestraft.
Angeblich falsche AngabenVor Richter Gerald Wagner sagt der Österreicher als Zeuge, er habe immer nur mit dem Konsul Kontakt gehabt, der ihm in einer Mail zu Unrecht beschied, persönliche Visaanträge in der Botschaft seien nicht möglich. Laut Aussage des Zeugen mussten die Verwandten bei VFS Global dann tatsächlich die Heiratsurkunde des Paares vorlegen.
Der Österreicher kontaktierte Medien, um den Fall öffentlich zu machen. Denn: Auch die Volksanwaltschaft sah in der Verweigerung der persönlichen Vorsprache einen Missstand und forderte eine Entschuldigung der Botschaft bei dem Paar. "Es ist eine abenteuerliche Geschichte von 'bürokratischer Faulheit, Dummheit und Präpotenz', wie es Robert F., der Ehemann von Tiad F., im Gespräch mit dem 'Falter' aufgebracht formuliert. Und seine Empörung wird verständlich, wenn man den Fall rekonstruiert. Er zeigt auch das Amtsverständnis des österreichischen Konsuls ...", schrieb Klenk in seiner Geschichte, zitierte also bloß den Informanten.
"Abenteuerliche Geschichte"Vor Gericht stellt der promovierte Jurist Klenk klar, dass sich die inkriminierten Substantive eindeutig auf die "abenteuerliche Geschichte" und nicht den Beamten beziehen würden. Außerdem betont der 49-Jährige, dem Konsul dreimal die Möglichkeit einer Stellungnahme gegeben zu haben, dieser habe aber an die Pressestelle des Außenamtes verwiesen.
Der Gatte des Iraners bleibt auch vor Gericht dabei: "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass so ein Wahnsinn an die Öffentlichkeit muss", empört sich der Zeuge. Der auch betont, dass seine Verwandten entgegen der ursprünglichen Aussage des Konsuls bei einem zweiten Termin ihre Visaanträge sehr wohl an der Botschaft abgeben konnten.
Da der Kläger nicht im Land weilt, vertagt Wagner, der übrigens eine üble Nachrede und keine Beleidigung ortet, für dessen Einvernahme schließlich auf den 6. Juli. (Michael Möseneder, 14.6.2023)