FC Bayern München gegen Celtic Glasgow: Dieses Spiel sollte eine ...
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In dem Comic „Asterix und der Arvernerschild“ spricht der stolze Gallier Asterix den sehr stolzen Gallier Majestix auf Alesia an. Dort hat der große gallische Häuptling Vercingetorix, so die Comic-Version, in der Entscheidungsschlacht kapituliert und als Signal der Kapitulation seine Waffen dem römischen Feldherren Gaius Iulius Caesar vor und auf die Füße geworfen (in Caesars Sprechblase steht: „Aua!“). Seitdem ist die Stadt Alesia die Stadt der Schande. Als Asterix Majestix auf Alesia anspricht, schreit dieser daher: „Alesia? Ich kenne kein Alesia! Ich weiß nicht, wo Alesia liegt! Niemand weiß, wo Alesia liegt!“
Es ist schon Mitternacht, als der Fußballspieler Joshua Kimmich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in der Arena in München steht und aus aktuellem Anlass den Namen der Stadt sagt, die für ihn und manche seiner Mitspieler beim FC Bayern vielleicht das ist, was für die Gallier Alesia war. Er sagt: „Damals, Viertelfinale, Villarreal.“
Im April 2022 ist Kimmich mit seiner Mannschaft im Viertelfinale der Champions League gegen den FC Villarreal ausgeschieden, den damals Siebten der spanischen Liga. Das Hinspiel in Villarreal verloren sie 0:1 (und hatten dabei Glück, dass sie nicht noch höher verloren haben). Das Rückspiel in München endete 1:1, weil die Spanier unter dem taktischen Kommando des Trainers Unai Emery die Bayern in der 88. Minute mit einem Konter überrumpelten und den Ausgleich schossen.
Und obwohl der damalige Bayern-Trainer Julian Nagelsmann trotz des Ausscheidens weitermachen durfte, wurde spätestens nach seiner Freistellung im März 2023 deutlich, dass manche der mächtigen Männer im Verein nie so ganz vergessen hatten, dass er im Viertelfinale gegen Villarreal ausgeschieden war.
„In der Vergangenheit wurden wir dann manchmal undiszipliniert“
Am Dienstagabend sitzt Nagelsmann, der mittlerweile Bundestrainer ist, in der Arena in München und sieht, wie sein Nachnachfolger Vincent Kompany dort fast seinen eigenen Villarreal-Moment erlebt. Als der Außenstürmer Nicolas Kühn in der 63. Minute das 1:0 für Celtic Glasgow schießt, fehlt den Schotten nach der 1:2-Niederlage im Hinspiel nur noch ein Tor für das Achtelfinale – und den Bayern damit nur noch ein Gegentor für das Ausscheiden.
Als Kimmich später in der Interviewzone steht, sagt er über diesen kritischen Moment: „In der Vergangenheit war es dann echt manchmal so, dass wir undiszipliniert und wild wurden.“ So wie damals im Viertelfinale in Villarreal.
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Die Botschaft, die Kimmich mit seinen Worten senden will: Im Februar 2025 ist der FC Bayern anders als im April 2022 und in vielen, vielen Spielen danach eine Mannschaft, die in solchen Momenten kein Gegentor kassiert, sondern selbst ein Tor schießt. (In dem konkreten Fall in der 94. Minute: Flanke Michael Olise, Kopfball Leon Goretzka, Tor Alphonso Davies, 1:1.)
Das unterscheidet sich von der Botschaft, die seine Mannschaft davor Sprint für Sprint und Pass für Pass gesendet hat: In der Saison, in der das Endspiel der Champions League das erste Mal seit dem Finale Dahoam 2012 (dem Alesia der Bayern-Fans) wieder in München stattfindet, scheint sie vor den wichtigsten Spielen des Wettbewerb nicht auf der Höhe ihres Schaffenskraft zu sein. Aua?
Die Bayern und die Frage nach dem Pressing
Als Kimmich in der Interviewzone gefragt wird, ob das gegen Celtic Glasgow zu wenig gewesen sei, antwortet er mit einem Wort: „Ja.“
Es ist daher eigentlich egal, ob der FC Bayern im Achtelfinale der Champions League – das wird am Freitag ausgelost – gegen Atlético Madrid oder gegen Bayer Leverkusen spielen wird. Es ist egal, weil er wohl für beide Gegner einen neuen Peak in seiner Performance erreichen muss.
Wer sowohl am Samstag als auch am Dienstag mit den Bayern im Stadion war, kann einerseits sagen, dass sie das Wichtigste doch geschafft haben. Sie haben mit dem 0:0 in Leverkusen den deutlichen Vorsprung in der Bundesliga verteidigt und sie haben mit dem 1:1 in München das Achtelfinale und damit das Minimalziel in der Champions League erreicht. Doch wer sich anschaut, wie sie das geschafft haben, der kann mit Blick auf die kommenden K.o.-Spiele andererseits auch fragen: Was, wenn der FC Bayern in der ersten Saison unter dem Trainer Vincent Kompany seinen Performance-Peak in dieser Saison zu früh erreicht hat?
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Man kann das an dem entscheidenden Element des Spiels der Kompany-Bayern diskutieren: dem Pressing und dem Gegenpressing. In den ersten Wochen und Monaten der Saison machten sie das so aggressiv und so konsequent, dass sie – mit Ausnahme des Auswärtsspiels in Barcelona – Gegner um Gegner spielerisch dominierten (auch wenn sie sich dabei immer wieder Gegentore nach demselben Muster einfingen). Das Pressing und Gegenpressing war und ist der Markenkern ihres Spiels. Und daher sollte das Spiel gegen Celtic Glasgow eine Warnung sein.
„Wir haben gemerkt, dass wir unser Pressing nicht perfekt umsetzen konnten,“ sagt Joshua Kimmich.
„Die Intensität im Gegenpressing ist etwas gesunken“, sagt Harry Kane (der am Dienstag wegen Wadenschmerzen in der Halbzeitpause ausgewechselt wurde).
„Es sind Details, kleine Positionsunterschiede, manchmal auch Intensität“, sagt Vincent Kompany.
Es gibt konkurrierende Theorien, mit denen man diese Entwicklung erklären kann. Die eine Theorie wäre wohl kein Problem für den FC Bayern – was wahrscheinlich der Grund ist, warum Kompany sie öffentlich vertritt: Sie geht davon aus, dass die Mannschaft in den vergangenen sieben Tagen in Glasgow, in Leverkusen und nun nochmal gegen Glasgow spielen musste und dass ihr deswegen die Energie für das Pressing fehlte. Die andere Theorie dagegen wäre wohl ein Problem: Sie geht davon aus, dass Leverkusen und Glasgow eine Lösung gegen das Pressing gefunden haben.