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Massiver Felssturz im Tiroler Galtür

Massiver Felssturz im Tiroler Galtür
Gesteinsmassen donnerten mit voller Wucht zu Tal. Es gab keine Verletzten. Aufgehender Permafrost als Ursache.

In der Silvrettagruppe im Gemeindegebiet von Galtür im Tiroler Bezirk Landeck ist es Sonntagnachmittag zu einem massiven Felssturz gekommen. Im Bereich der Nordwestflanke des südlichen Fluchthorns donnerten die Gesteinsmassen mit voller Wucht über das breite Wasser in Richtung Jamtalhütte, wie ein aufgenommenes Video zeigte.

Blick auf die Silvrettagruppe im Gemeindegebiet von Galtür. 
- © apa / ZEITUNGSFOTO.AT/RICCARDO MIZIO

Blick auf die Silvrettagruppe im Gemeindegebiet von Galtür.

- © apa / ZEITUNGSFOTO.AT/RICCARDO MIZIO

Offenbar wurde der halbe Gipfel durch den Abbruch weggerissen, auch das Gipfelkreuz fehlte. Die Länge der Mure betrug über zwei Kilometer, teilte die Polizei mit. Es wurde niemand verletzt. Der Polizeihubschrauber Libelle hatte zuvor den betroffenen Bereich abgeflogen.

"Richtiger Bergsturz"
Felssturz bei Galtür.

Felssturz bei Galtür.

Das Video nahm der Galtürer Bergretter Patrick Schöpf auf, der mit seiner Frau gerade nahe der dortigen Bergrettungskapelle unterwegs war. Als das Geröll zu Tal donnerte, habe seine Frau zunächst gedacht, dass es sich um eine "Lawine" handle. Der erfahrene Bergretter schätzte, dass der Gipfel des 3.398 Meter hohen Fluchthorns um 50 bis 100 Meter weggerissen wurde. Zudem glaubte er, dass rund eine Million Kubikmeter Gestein abgebrochen war. Es handle sich jedenfalls um einen "richtigen Bergsturz", den er in dieser Dimension dort bis dato dort noch nicht erlebt habe.

Der Leiter der Landesgeologie, Thomas Fiegl, ordnete den Felssturz als "eines der größeren Ereignisse in den vergangenen Jahren" ein. Es sei schwer zu sagen, wie häufig so etwas künftig geschehen werde. Klar sei aber, wenn der Permafrost als "Kleber, der die Berge zusammenhält sich langsam verabschiedet, können derartige Ereignisse passieren". Die Gefahr dafür bestehe ab einer Seehöhe von 2.500 Meter, also "weit weg vom besiedelten Gebiet".

"Kleber, der die Berge zusammenhält"

An sich bezeichnete Fiegl solche Felsabbrüche als eine "Naturgefahr, mit der wir leben müssen". Diese würden sich auch nicht immer ankündigen. Vermehrte Steinschläge könnten jedoch als Hinweis gedeutet werden.

Der Felssturz und die dadurch ausgelöste Mure dürfte eine Länge von rund zwei Kilometern erreicht haben, beschrieb das Land Tirol das Ausmaß des Naturereignisses. Weitere, detaillierte Messungen seien aber noch ausständig. Im Zuge eines Erkundungsfluges stellten die Experten freigelegte Eisflächen fest - daher könne es auch zu weiteren Abbrüchen kommen. Die Abbruchstelle befindet sich im Hochgebirge und neun Kilometer Luftlinie südlich von Galtür entfernt.

In dem betroffenen Gebiet gibt es übrigens ein Ausbildungszentrum für Bergretter. Zum Zeitpunkt des Bergsturzes wurde gerade ein Kurs im Freien angehalten, wie Schöpf gegenüber dem ORF Tirol berichtete. Er habe seine Frau angewiesen, zu den Bergrettern zu laufen, um sie vor der Gefahr zu warnen. Angst habe er aber keine gehabt, er habe gewusst, dass es Flächen gibt, die das Gestein verlangsamen würden. Die Jamtalhütte sei zudem nicht in Gefahr gewesen. Auf das Fluchthorn würden laut dem Bergretter übrigens großteils nur geführte Touren durchgeführt.

Wanderwege beeinträchtigt

Der Felssturz führte indes zu weitgehenden Beeinträchtigungen der Wanderwege in dem Gebiet. Wie die Jamtalhütte auf ihrer Homepage informierte, sind die Wege zum westlichen Gamshorn, zur Schnapfenspitze, zum Finanzerstein, Zahnjoch, Kronenjoch und Futschölpass gesperrt.

Die Tiroler Grünen sorgten sich unterdessen aufgrund des "abtauenden Permafrosts". "Der Bergsturz am Fluchthorn muss ein Alarmsignal auch über das Paznaun hinaus sein", warnte Klubobmann Gebi Mair in einer Aussendung. Angesichts der "aktuellen Entwicklungen" müssten "großtechnische Projekte im Hochgebirge" überprüft werden, forderte er. "Das gilt insbesondere für das Kraftwerksprojekt Kaunertal. Auch wenn die Bewegungen am Gepatschspeicher derzeit schon beobachtet werden, sind die Prüfparameter neu zu justieren", sagte Mair.

Gefahrten druch auftauenden Permafrost

Auch die Naturschutzorganisation WWF sah ähnliche Gefahren im Kaunertal herannahen. "Der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal würde die Instabilität um den Gepatschspeicher weiter erhöhen. Vor dem Hintergrund des aktuellen, massiven Bergsturzes muss Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP, Anm.) sich endlich mit den akuten Sicherheitsbedenken beschäftigen, anstatt den von der Tiwag gewünschten Ausbau des Kraftwerks stur durchzuboxen", forderte Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek. Diese Frage dürfe nicht im UVP-Verfahren behandelt werden, sondern benötige eine Überprüfung durch eine unabhängige Fach-Kommission. Der WWF verwies zudem darauf, dass die Alpen von der Klimakrise besonders stark betroffen seien. 

(apa)

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