Aufregerthemen Schliessen

Hello Kitty wird 50: Das Milliardengeschäft mit Kinderträumen

Hello Kitty wird 50 Das Milliardengeschäft mit Kinderträumen
Die japanische Kultfigur lässt die Gewinne ihres Eigentümers sprudeln. Über den Reiz des Kätzchens, das ein Mädchen sein will, skurrile Auswüchse und die Grenzen des Absatzes in Europa

Lizenzwaren

Die japanische Kultfigur lässt die Gewinne ihres Eigentümers sprudeln. Über den Reiz des Kätzchens, das ein Mädchen sein will, skurrile Auswüchse und die Grenzen des Absatzes in Europa

Verena Kainrath

26. Oktober 2024, 12:36

Zwei schwarze Punkte als Augen starren den Beobachter frontal an. Der Kopf ist doppelt so groß wie der Körper. Dazu sechs Schnurrbarthaare, eine gelbe Nase, zwei spitze Ohren und ein schief sitzendes rotes Schleifchen. Das ist das Markenzeichen von Hello Kitty. Unschuldig, rein und niedlich gibt sich die japanische Kultfigur. Über alle Zweifel erhaben macht sie der fehlende Mund. Ihre Erfinder verkaufen sie als leere Leinwand, auf die jeder seine eigenen Emotionen und Erfahrungen projizieren könne.

Unschuldig, rein, niedlich? Auf den Mund ist Hello Kitty jedenfalls nicht gefallen.
IMAGO/Yoshio Tsunoda

Hello Kitty wird am 1. November 50 Jahre alt. In London von der japanischen Designerin Yuko Shimizu entworfen, trat ihr Konterfei auf jedem nur erdenklichen Konsumgut die Reise um die weite Welt an. Es dekorierte Flugzeuge wie Geburtskliniken, es findet als Spielzeug in Kinderzimmer ebenso Einzug wie als Massagestab getarnter Vibrator in Schlafzimmern. Wenige Lizenzmarken sind international erfolgreicher.

Ihrem Eigentümer Sanrio mit Sitz in Tokio spült das Emblem reichlich Ertrag in die Kassen. 2023 verbuchte der Konzern bei Umsätzen von 600 Millionen Euro operative Gewinne von mehr als 160 Millionen Euro. Steil bergauf ging es in den vergangenen Jahren an der Börse. Für gut die Hälfte des Geschäfts sorgen Produkte, die mit der Fantasiefigur bedruckt sind.

Mensch oder Tier?

Die einzigen Kontroversen, die diese je auslöste, war die Frage, ob Hello Kitty nun ein Kätzchen sei oder doch ein Mädchen. Als Vorbild soll Shimizu die Tochter eines der Gründer von Sanrio gedient haben. Hitzig diskutierten Fans zudem, ob ihre pausbäckige Ikone mit dem Stummelschwänzchen britischer oder japanischer Herkunft sei. Doch auch diese Aufregung legte sich. Ob sie Mensch oder Tier sein will, ist dem Gros ihrer Anhänger einerlei.

"Jeder sieht in Hello Kitty etwas anderes", sinniert Karl Renar, der die Kunstfigur seit Anfang 90er-Jahre sammelt. Diese erfahre von jeher breite gesellschaftliche Akzeptanz. "Keiner wird sich über einen Mann lustig machen, der einen Hello-Kitty-Regenschirm aufspannt."

Renar betreibt in Wien seit 2017 unter dem Namen Otaku Heaven ein Fachgeschäft für Konsumgüter rund um die japanische Jugendpopkultur. Das Griss um Hello-Kitty-Produkte, das seinen Ursprung in einem kleinen Geldbörsel hat, das mit dem Mädchen (oder doch Kätzchen?) verziert war, hält auch in Österreich an, ist sich der Unternehmer sicher: Händler könnten davon weit mehr verkaufen, wenn man sie nur ließe.

Was bremst den Boom? Nur ein Bruchteil der Artikel, die Sanrio für Hello Kitty laufend neu entwickle, vom Toaster über den Lenkradwärmer bis zur Zahnbürste, werde für Europa lizensiert, bedauert Renar. Letztlich könnten Partner hierzulande nicht mehr als fünf Prozent des gesamten Hello-Kitty-Universums offiziell vertreiben. Der Großteil dessen, was in Japan produziert werde, finde über sie nie den Weg nach Österreich, Deutschland und in die Schweiz.

"Fast eine Religion"

"Hello Kitty ist in Japan immer noch ein Hype, fast eine Religion", sagt Renar und erzählt von Geschäften, die so groß wie Ikea-Möbelhäuser sind und in denen sich kein Hello-Kitty-Accessoires zweimal finde. "Es gibt hier Dinge, von denen man nicht einmal erahnt, dass es sie gibt." Doch das Interesse, diese zu exportieren, sei offenbar gering. Europas Händler müssten sich mit einem begrenztem Sortiment aus Plüschtieren, Häferln, Leiberln, Kapperln und Schlüsselanhängern begnügen.

Nur kurz währte einst die Lebenszeit von Hello-Kitty-Geschäften in den Wiener Einkaufszentren Lugner City und Millennium City, die vor elf Jahren mit viel Trommelwirbel eröffnet wurden. Rasch war der Bedarf gesättigt, zu schmal blieb die Auswahl an Produkten, erinnert sich Renar. Konsumenten, die Wert auf Vielfalt statt auf Lizenzen legten, bedienten sich lieber chinesischer Onlineriesen, die den Markt mit Billigware fluten.

Fünf Jahre ist es her, dass Brüssel eine Millionenstrafe gegen Sanrio verhängte. Der Hello-Kitty-Hersteller hatte grenzüberschreitende Verkäufe in der EU in Verträgen mit seinen Lizenznehmern über zehn Jahre hinweg durch unerlaubte Klauseln beeinträchtigt.

Ob Hello Kitty für Kinder und Jugendliche noch dieselbe Zugkraft hat wie vor zehn bis 15 Jahren, wagt Renar nicht zu behaupten. Seine Kunden seien in der Regel älter als 20, nicht wenige näherten sich dem 70. Lebensjahr. Ohnehin werde Hello Kitty in Japan zu zwei Dritteln für Erwachsene gemacht. "Es ist einfach schön zu erleben, dass es Dinge immer noch gibt, die man als Kind geliebt hat." (Verena Kainrath, 26.10.2024)

Ähnliche Shots
Nachrichtenarchiv
  • Breezy Johnson
    Breezy Johnson
    Skistar Breezy Johnson outet sich als bisexuell
    8 Nov 2022
    3
  • Akira Toriyama
    Akira Toriyama
    Akira Toriyama, der Schöpfer von „Dragon Ball“, ist tot
    8 Mär 2024
    7
  • Jose Mourinho
    Jose Mourinho
    Star-Trainer José Mourinho: DAS sind meine Favoriten für die EM ...
    2 Jun 2024
    13
  • Ukraine Island
    Ukraine Island
    Ukraine müht sich lange gegen Island und fährt dennoch zur EM
    27 Mär 2024
    3
Die meist populären Shots dieser Woche