Kickl gegen Babler im TV-Duell: Fairplay ist nur ein Wunsch
Duell-Analyse
SPÖ-Chef Andreas Babler und FPÖ-Chef Herbert Kickl warfen einander Freitagabend live im Fernsehen Demokratiefeindlichkeit und mangelnden Intellekt vor
Katharina Mittelstaedt Michael Völker
20. September 2024, 22:58
Es ist Freitag, 21.35 Uhr, als der Wahlkampf seine Unwetterkatastrophenpause beendet. Er hat jetzt wieder Schnappatmung. Am Pult links steht Andreas Babler, Chef der SPÖ, am Pult rechts Herbert Kickl, Chef der FPÖ. "Manchmal wird es mit Ihnen lustig", sagt Babler und meint das Gegenteil. Kickl war gerade gegen die rote Stadt Wien ausgeritten, wo der "Sozialismus" sein Unheil treibe. Babler lächelte seinen Gegner bei diesem Vorwurf bloß milde an.
Kurz darauf unterstellt Babler Kickl hingegen, eine "Gefahr für die Demokratie" darzustellen, womöglich gar Wahlen abschaffen zu wollen. "Brandgefährlich" sei das – und auch er: Kickl selbst. Der FPÖ-Obmann kontert: Es sei doch Babler, der ein Problem mit der Demokratie habe, schließlich habe der die rote Mitgliederbefragung gar nicht gewonnen, stichelt der Freiheitliche. Bekanntlich wurde Babler vergangenes Jahr Zweiter hinter seinem Parteifeind Hans Peter Doskozil, gewann dann aber die Abstimmung am roten Parteitag.
Konfrontativ, untergriffig, unübersichtlich
Das TV-Duell wird ab diesem Zeitpunkt konfrontativ, teils untergriffig, beizeiten unübersichtlich. Man könnte sagen: Kickl gegen Babler, des is – mit Qualtinger gesprochen – Brutalität. Mehrere Minuten lang zählen die beiden einander Parteikollegen des jeweils anderen auf, gegen die ermittelt wird oder wurde.
Babler und Kickl tragen beide einen blauen Anzug, ein weißes Hemd, allerdings nur Babler eine Krawatte. Inhaltlich werden sie sich an diesem Abend im ORF so gut wie nie einig: Kickl fordert eine Senkung der Körperschaftssteuer, Babler will, dass sie steigt. Babler fordert eine Erbschaftssteuer, Kickl ist dagegen, außer in einer Volksabstimmung würde eine Mehrheit danach verlangen.
Kickl möchte keine Asylanträge mehr annehmen, für Babler ist das ein Aufruf zum Rechtsbruch. Den Klimawandel hält Babler für eine der wichtigsten Aufgaben überhaupt, Kickl meint, Österreich könne dagegen ohnehin nichts tun. Lediglich bei Thema Hochwasserkatastrophe behaupten beide, bereit zu sein, gemeinsame Lösungen zu finden.
"Intellektuell überfordert"
"Sie sind intellektuell überfordert", wirft Babler Kickl gegen Ende der Sendung vor. Moderatorin Susanne Schnabl hatte zu Beginn um "Fairplay" gebeten – es war ein frommer Wunsch.
Babler wie auch Kickl werden am 29. September erstmals als Parteichefs eine Wahl bestreiten und – natürlich – wollen beide gewinnen. Die besseren Chancen hat der FPÖ-Chef. In einer aktuellen Umfrage des Linzer Market-Instituts für den STANDARD, die während der Hochwasserkatastrophe erhoben wurde, liegt die FPÖ mit 27 Prozent nur noch knapp vor der ÖVP (25 Prozent), aber recht deutlich vor der SPÖ (20 Prozent).
Freundliche Differenzen
Direkt vor Kickl und Babler hatten sich Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer und sein Vize und Grünen-Chef Werner Kogler im ORF duelliert. Sie waren noch freundlich und respektvoll miteinander umgegangen, von Wahlkampf war in diesem Gespräch keine Spur.
Seit Jänner 2020 befinden sich Nehammer und Kogler in einer Koalition, seit Dezember 2021 führt der ÖVP-Chef die Regierung an. Er spricht seinen Vize in der Diskussion amikal als "Werner" an.
Inhaltlich verteidigt der Kanzler das Nichtzustandekommen eines Klimaschutzgesetzes, ihm gehe es eben auch um Arbeitsplätze und die Industrie. Nehammer lehnt auch verbindliche Beschränkungen bei der Bodenversiegelung ab. Ein Fehler, wie Kogler findet, denn Bodenschutz sei Hochwasserschutz. Es müssten auch weniger Straßen gebaut werden als geplant – das gelte vor allem auch für Niederösterreich.
Kogler schwurbelt ausgiebig
Kogler schwurbelt sich dann ausführlich um die Frage herum, ob er mit der ÖVP noch einmal eine Regierung bilden wolle. Auch Nehammer ist hier nicht so eindeutig, wie er schon einmal war.
Womöglich ist es die Hochwasserkatastrophe, die beide schaumbremst. Kogler schlägt schließlich vor, die Spendengelder der Aktion "Österreich hilft Österreich" zu verdoppeln. Nehammer lehnt nicht ab, verweist aber darauf, dass man auch den Steuerzahlern Wertschätzung entgegenbringen müsse. (Katharina Mittelstaedt, Michael Völker, 20.9.2024)