Marcel Hirscher spricht erstmals über Burnout: "Ich war erledigt"

"Druck ist ein positiver Faktor", sagte Marcel Hirscher einst vor einigen Jahren. "Das ist ein Geschenk, das hast du oder eben nicht." Diese besondere Fähigkeit, mit dem medialen Druck auf der großen Bühne umzugehen, hat die Ski-Welt schon immer erstaunt. Es hatte den Anschein, als würde Hirscher von diesen Drucksituationen profitieren können.
Karriereende mit 30 Jahren
Dass es aber auch zu viel öffentlichen und medialen Druck geben kann, räumte der heute 35-jährige Annaberger (Tennengau) in der am Mittwochabend ausgestrahlten "Dok 1" im ORF-Fernsehen ein. "Ich war mental und körperlich ausgebrannt, also erledigt." Ein Burnout – über den er bis dato noch nie öffentlich gesprochen hat – sei auch der Grund für seinen Rücktritt vom aktiven Skisport im September 2019 gewesen. Das Karriereende mit 30 Jahren kam für viele sehr überraschend. "Das war ein Moment, wo ich gesagt habe, ich kann nicht mehr. Es ist vorbei." Es habe keine Option mehr gegeben, weiterzumachen. "Das war eine notwendige 180-Grad-Kurve, weil die Geschwindigkeit war definitiv zu hoch."
Start bei Heim-WM: "Mir war kotzübel"
Den größten Druck seiner Karriere habe Hirscher rückblickend im Jahr 2012 als damals 23-Jähriger nach seinem ersten Gesamtweltcupsieg verspürt. Danach folgte die Heim-WM in Schladming: "Es war fast keine Gaudi, ich bin am Druck fast zerbrochen. Am Start war mir kotzübel", sagte er erst diese Woche bei "Sport und Talk im Hangar 7" bei ServusTV . "Es gab kein Zurück und ich konnte nur Gas geben. Das war eine intensive Heim-WM." Schlussendlich wurde Hirscher in Schladming mit zwei Mal Gold und Silber zum ÖSV-Superstar.
Der Umgang mit den Medien und das Interesse an seiner Person sei für Hirscher aber nicht immer leicht gewesen. Neben dem öffentlichen Druck als Siegläufer setzten dem Salzburger dichte Rennpläne sowie Erwartungen von Sponsoren und Ausrüstern zu. Hirscher spricht sich dafür aus, Themen wie Überforderung im Spitzensport mehr Platz in der Öffentlichkeit einzuräumen. "Ich habe mir lange schwergetan, meinen Erfolg anzunehmen. Ich bin niemand, der das Bedürfnis hat, mich vorne hinzustellen. Es war schwer, mit dem öffentlichen Druck umzugehen."
Marcel Hirscher und seine "wertvollsten Jahre"
Er habe fünf Jahre gebraucht, um wieder auf allen Ebenen fit zu werden. "Das waren die wertvollsten fünf Jahre, auch wenn es nicht immer leicht war." Aus der Freude am Skifahren sei der Gedanken am Comeback gereift. Nach einem erfolgreichen Start beim Weltcup-Auftakt in Sölden ist der große Traum von der Heim-WM in Saalbach-Hinterglemm "innerhalb einer Millisekunde" infolge eines Kreuzbandrisses geplatzt. Ob er neuerlich die Rückkehr in den Weltcup wagt, ist ungewiss.
Burnout in Gesellschaft weit verbreitet
Eine Burnout-Diagnose gehört zu den psychischen Erkrankungen. Und diese nehmen in den vergangenen Jahren immer weiter zu. 40 Prozent der Bevölkerung zeigt Erschöpfungssymptome. Ein Drittel aller Arbeitnehmenden in Österreich fühlt sich einer Erhebung aus dem Jahr 2024 zufolge ausgebrannt. Bei der Generation GenZ sind es sogar 42 Prozent. Bei den Babyboomern, die laut Definition zwischen 1946 und 1964 zur Welt kamen, waren es 24 Prozent.
Die Zahlen sind durchaus alarmierend, denn psychische Erkrankungen wie Depressionen, Burnout und Angststörungen sind mittlerweile eine der Hauptursachen für krankheitsbedingte Ausfälle am Arbeitsplatz: Zehn Prozent aller Krankenstandstage sind laut Fehlzeitenreport 2024 auf psychische Krankheiten zurückzuführen. Die Krankenstandstage stiegen WIFO-Angaben zufolge deshalb von 6,9 Prozent im Jahr 2010 auf 11,4 Prozent im Jahr 2021 – Tendenz weiter steigend. Der dadurch entstehende wirtschaftliche Schaden ist enorm und die negativen Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Personen nicht in Zahlen messbar.
Was ist ein Burnout?
Ein Burnout ist ein Zustand emotionaler, körperlicher und geistiger Erschöpfung, der durch langanhaltenden Stress und Überforderung entsteht. Typische Symptome sind extreme Müdigkeit, reduzierte Leistungsfähigkeit, negative Einstellung zur Arbeit und manchmal auch körperliche Beschwerden. Burnout wird oft mit beruflichem Stress in Verbindung gebracht, kann aber auch durch andere Formen chronischer Belastung ausgelöst werden.
Es gibt verschiedene Therapien zur Behandlung von Burnout. Psychotherapie hilft, stressauslösende Gedankenmuster zu ändern. Stressmanagement-Techniken wie Achtsamkeit, Meditation und Entspannung sind ebenfalls nützlich. Beratung und Coaching unterstützen bei der beruflichen Neuorientierung und der Verbesserung des Arbeitsumfelds. Medikamente können Symptome lindern, vor allem bei begleitenden Depressionen. Ernährungs- und Lebensstiländerungen wie gesunde Ernährung, Bewegung und ausreichend Schlaf verbessern das Wohlbefinden. Auch ein unterstützendes soziales Netzwerk kann emotional entlasten.
(Quelle: SALZBURG24)