Knapp 1 Million pro Minute: Warum der Neymar-Deal für Al-Hilal ...
Wenig Spielzeit, viel Einfluss
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Als Neymar im Sommer 2023 für 90 Millionen Euro von Paris Saint-Germain zum Al-Hilal SFC wechselte, horchte die Fußballwelt auf. Mit 31 Jahren, also nicht weit vom besten Fußballer-Alter entfernt, entschloss sich der Brasilianer zum Schritt aus einer europäischen Top-5-Liga in die Saudi Pro League. Dort wurde die Verpflichtung des Superstars, der damals einen Marktwert von 60 Mio. Euro besaß, als Coup gefeiert. Am Montagabend, rund anderthalb Jahre später, und ein halbes Jahr vor Vertragsende, folgte die einvernehmliche Trennung. Zurückbleibt der finanziell womöglich schlechteste Deal der Historie, der gewissermaßen dennoch eine Win-win-Situation war.
Doch zunächst die sportlichen Fakten: Nach seinem Wechsel und muskulären Problemen zum Start absolvierte Neymar im September und Oktober 2023 fünf Partien für Al-Hilal. Mit einem Tor und drei Vorlagen ist der Anfang durchaus vielversprechend, ehe sich der Offensivkünstler bei der Nationalmannschaft im WM-Qualifikationsspiel gegen Uruguay das Kreuzband und den Meniskus im linken Knie riss. Diese Verletzung setzt ihn 368 Tage außer Gefecht, erst am 21. Oktober 2024 feiert er sein Comeback.
Dass die zwei Einsätze in der AFC Champions League im Herbst des vergangenen Jahres die letzten Auftritte im Trikot von Al-Hilal sein werden, ahnt damals noch niemand. Gerüchte über Abschiedsgedanken weist Berater Pini Zahavi im November zunächst zurück. „Es gibt keine Gespräche darüber, dass Neymar Al-Hilal verlässt. Er steht unter Vertrag und ist dort sehr glücklich“, sagt er. Eine weitere Oberschenkelverletzung und eine deutliche Ansage von Trainer Jorge Jesus, der den Fitnesszustand öffentlich bemängelt, später, wird der Vertrag doch aufgelöst. Womöglich, um die Rückkehr zum Jugendklub FC Santos zu ermöglichen.
Gerücht | |||||||
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Al-Hilal nimmt das vorzeitige Ende der Zusammenarbeit vor allem aus finanzieller Sicht in Kauf. Die spanische Sportzeitung „Marca“ schreibt von einer Abfindung in Höhe von 62 Mio. Euro für die letzten sechs Monate. Dabei lag das Grundgehalt pro Jahr laut „Forbes“ bei „nur“ 80 Mio. Euro, bis Sommer wären also lediglich 40 Mio. Euro übriggeblieben. Grund für die hohe Abfindung dürften die Vorzüge sein, die Neymar über seinen Vertrag hinaus in Saudi-Arabien erhalten hatte.
Neben den 80 Mio. Euro im Jahr, der Ablöse in Höhe von 90 Mio. Euro und einem Handgeld, dessen genaue Summe nicht bekannt ist, musste Al-Hilal eine Menge Extras für Neymar bereitstellen. Zum einen beinhaltete der Vertrag sportliche Boni, durch die sich das Salär auf bis zu 160 Mio. Euro im Jahr hätte verdoppeln können. Darüber hinaus wurden dem Superstar bei Vertragsunterschrift dem Vernehmen nach verschiedene Annehmlichkeiten wie acht Luxusautos, eine Villa mit mindestens 25 Räumen, drei Saunen und einem großen Pool, sowie ein Privatjet und verschiedene Angestellte zur Verfügung gestellt.
WM-Vergabe entscheidend: Neymar-Deal für Al-Hilal Enttäuschung oder Erfolg?
Dass sich der amtierende saudische Meister mehr von der Neymar-Verpflichtung versprochen hat, liegt auf der Hand. Sportlich ist wohl kaum ein teurer Transfer in der Fußball-Historie so sehr in die Hose gegangen – wenngleich dafür vor allem Verletzungen der Grund waren. Und dennoch hat der Coup im Sommer 2023 den wohl wichtigsten Zweck für den Fußball in Saudi-Arabien erfüllt.
Al-Hilal gehört zu 75 Prozent dem Public Investment Fund, einem Staatsfond der saudischen Regierung. Der Transfer von Neymar gehörte wie auch die Verpflichtungen von Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Co. zu einer Image-Kampagne des Ölstaates. Aus diesem Grund soll Al-Hilal Neymar rund 500.000 Euro für jeden Post auf seinem Instagram-Kanal mit 227 Mio. Followern gezahlt haben, der Saudi-Arabien in einem guten Licht dastehen lässt. Mit der Vergabe der Weltmeisterschaft 2034 im Dezember war die Mission gewissermaßen erfüllt. Neymar darf nach anderthalb Jahren ohne sportlichen Einfluss mit vollen Taschen zurück nach Brasilien und Saudi-Arabien hat sich die WM auf legalem Wege gekauft.
Was genau dafür nötig war, lässt sich nur schwer beziffern. Allein mit Ablöse, Gehalt und Abfindung stehen die Ausgaben für Al-Hilal bereits bei 272 Mio. Euro – mit Handgeld sowie außersportlicher Bonuszahlungen wie den Instagram-Posts dürfte ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag zusammengekommen sein. Bei einer Spielzeit von 428 Minuten also fast 1 Million Euro pro Minute. Selbst Transferflops wie Philippe Coutinho beim FC Barcelona oder Eden Hazard bei Real Madrid kamen in dieser Hinsicht auf eine bessere Bilanz. Mit Blick auf die WM-Vergabe und der Tatsache, dass in Saudi-Arabien niemand am Hungertuch nagen dürfte, war der Deal also dennoch ein Erfolg.