Frauendorf: "Ich will irgendwann in der Premier League spielen"
Im Sommer kam Melkamu Frauendorf vom FC Liverpool nach Hannover. Bei den Niedersachsen spielt der 21-Jährige in der zweiten Mannschaft drittklassig. Ein besonderes Spiel im Trikot der Reds hat bleibende Erinnerungen hinterlassen, wie der Deutsch-Äthiopier im kicker-Interview verrät.
Stand schon in Klopps Startelf: Melkamu Frauendorf (Hannover 96 II), hier beim Spiel gegen Ingolstadt. IMAGO/Fotostand
Melkamu Frauendorf wechselte mit 16 Jahren aus der Nachwuchsabteilung der TSG 1899 Hoffenheim zum FC Liverpool. Dort trainierte er mit Superstars wie Virgil van Dijk, Mo Salah und Thiago und absolvierte 2022 eine Partie in der Profimannschaft von Trainer Jürgen Klopp. Im vergangenen Sommer schloss sich der in Äthiopien geborene Fußballer, der am Sonntag 21 Jahre alt geworden ist, Hannover 96 an. In der zweiten Mannschaft kam er bisher auf elf Drittliga-Einsätze (kein Tor, eine Tor-Vorlage).
Ihr Werdegang ist sehr außergewöhnlich. Wie war es für Sie, mit 16 Jahren ein Angebot vom FC Liverpool zu bekommen und auf die Insel zu wechseln?
Wenn man ein kleiner Junge ist, träumt man davon, irgendwann einmal in der Premier League bei so einem großen Klub zu spielen. Als dann plötzlich die Nachricht kam, dass sie Interesse haben, konnte ich es mir gar nicht vorstellen. Da wurde ein kleiner Traum wahr.
Wie war Ihr Verhältnis zu Cheftrainer Jürgen Klopp?
Als ich mit 17 das erste Mal eine Woche bei den Profis mittrainiert habe, kam er vor dem Training direkt zu mir und hat mit mir geredet, gefragt wo ich herkomme und wie es mir geht, das hatte ich gar nicht erwartet. Da habe ich direkt gemerkt, wie sympathisch er ist und was er für ein super Mensch ist. Im Anschluss hat er sich Zeit genommen und mir gesagt, was ich gut mache und was ich noch verbessern kann.
Plötzlich standen van Dijk und Salah vor mir. Da war ich erstmal für eine Sekunde im Schock.
Melkamu Frauendorf
Wie war es für Sie, mit all den Superstars des LFC zu trainieren?
Die Profis kamen von einem Meeting und plötzlich standen van Dijk und Salah vor mir. Da war ich erstmal für eine Sekunde im Schock - ich konnte gar nicht wahrhaben, dass das gerade passiert. Das sind Spieler, die man sonst nur im Fernsehen sieht. Aber alle waren sehr freundlich und sympathisch, jeder hat mir die Hand gegeben.
Was waren die größten Unterschiede im Vergleich zum Training in der Nachwuchs-Mannschaft?
An die Geschwindigkeit und die Körperlichkeit musste ich mich erstmal gewöhnen. Die Qualität war sehr hoch. Aber je öfter ich mittrainiert habe, desto besser kam ich zurecht. Und es war immer laut - da kannst du gar nicht anders als 100 Prozent zu geben.
Welcher Spieler hat Sie am meisten beeindruckt?
Thiago Alcantara hat mich am meisten überrascht. Dem konntest du kaum den Ball wegnehmen, weil er eine so gute Übersicht und eine so gute Technik hat.
November 2022: Melkamu Frauendorf spielt für die Reds gegen Derby (re. William Osula) von Beginn an. picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Dann kam 2022 Ihr Startelf-Debüt in der Profimannschaft im EFL-Cup, dem Ligapokal, gegen Derby County (3:2 i.E.). Wie haben Sie davon erfahren?
Ich habe am Spieltag erfahren, dass ich in der Startelf stehe und war auch da wieder etwas geschockt, als ich meinen Namen auf der Taktiktafel gelesen habe. Ich konnte es kaum erwarten, nach Anfield zu fahren und vor 50.000 Fans zu spielen.
Wie lief das Spiel für Sie?
Als das Spiel angefangen hat, habe ich die Fans gar nicht gehört. Ich war komplett im Tunnel. Bei der ersten Spielunterbrechung habe erst ich realisiert, was hier passiert. Ein unglaubliches Gefühl. An dem Tag wollte ich gar nicht schlafen gehen und das Erlebnis weiter genießen. Aber ich habe danach trotzdem super geschlafen, das weiß ich noch (lacht). Das war einer meiner besten Tage.
Ich will mich Schritt für Schritt hocharbeiten, um irgendwann vielleicht wieder in der Premier League zu spielen.
Melkamu Frauendorf
Im vergangenen Sommer kam dann der Wechsel in die zweite Mannschaft des Zweitligisten Hannover 96. Ein krasser Bruch?
Als Bruch würde ich das nicht beschreiben. Ich sehe den Wechsel als Entwicklungsschritt. Ich habe bei Liverpool ja nicht regelmäßig bei den Profis trainiert, sondern viel in der U 21 gespielt. Für mich ist es wichtig, mich im Herrenbereich durchzusetzen und mich zu zeigen. 96 war für mich eine sehr gute Wahl. Ich will mich Schritt für Schritt hocharbeiten, um irgendwann vielleicht wieder in der Premier League zu spielen.
Was sind Ihre Ziele für die Rückrunde?
Als Mannschaft wollen wir auf jeden Fall in der 3. Liga bleiben. Wir müssen uns noch häufiger für unsere guten Leistungen belohnen. Persönlich bin ich jetzt zu 100 Prozent fit und will das Team mit Toren und Vorlagen unterstützen.
Interview: Robin Prottung