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Nach Haftbefehl aus Italien: Benko wurde in Tirol einvernommen ...

Nach Haftbefehl aus Italien Benko wurde in Tirol einvernommen
Benko wurde am Dienstag in der Landespolizeidirektion Tirol einvernommen. Er ist auf freiem Fuß. Der Südtiroler Unternehmer und Benko-Vertraute Hans Peter Hager und die Bürgermeisterin von Riva del Garda sind in Hausarrest

Korruptionsvorwürfe

Benko wurde am Dienstag in der Landespolizeidirektion Tirol einvernommen. Er ist auf freiem Fuß. Der Südtiroler Unternehmer und Benko-Vertraute Hans Peter Hager und die Bürgermeisterin von Riva del Garda sind in Hausarrest

Jakob Pflügl Renate Graber

aktualisiert am 3. Dezember 2024, 14:16

Die Oberstaatsanwaltschaft von Trient will Benko verhaften lassen.
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Die in Italien für die Causa Signa zuständige Oberstaatsanwaltschaft von Trient hat am Dienstag offenbar einen Haftbefehl gegen den Österreicher René Benko erlassen, den Gründer der Signa-Gruppe. Das berichtete zunächst die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Hintergrund sind Korruptionsvorwürfe rund um die Bewilligung von Immobilienprojekten in Norditalien.

Benko ist einer von mehreren Beschuldigten. Bereits festgenommen und in Hausarrest gesetzt wurde in Südtirol der Unternehmer und Signa-Italia-Chef Heinz Peter Hager – der Bozner gilt als Benkos rechte Hand. Ebenfalls festgenommen und in Hausarrest gesetzt wurde in der an Südtirol angrenzenden Provinz Trient die Bürgermeisterin der Ortschaft Riva del Garda, Cristina Santi. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Benko einvernommen

Die Staatsanwaltschaft (StA) Innsbruck bestätigte Dienstagnachmittag auf Anfrage des STANDARD, dass gegen Benko ein Europäischer Haftbefehl erlassen wurde. Benko sei am Dienstag in der Landespolizeidirektion Tirol einvernommen worden, befinde sich aber auf freiem Fuß. Die StA Innsbruck prüft derzeit, ob die Delikte, die Benko in Italien vorgeworfen werden, auch in Österreich strafbar sind und hierzulande ein entsprechendes Verfahren geführt werden kann. Derzeit gehe man nicht davon aus, dass man den Haftbefehl vollstrecken müsse.

Bereits zuvor, am frühen Dienstnachmittag, hatte Rechtsanwalt von Benko, Norbert Wess, folgende Stellungnahme abgegeben: "Es wird kein Europäischer Haftbefehl gegenüber Herrn Benko vollzogen. Herr Benko wird weiterhin – wie bisher – mit allen nationalen wie internationalen Behörden vollumfänglich kooperieren und ist zuversichtlich, dass sich allfällige Vorwürfe ihm gegenüber als inhaltlich unrichtig aufklären lassen."

Der Südtiroler Unternehmer und Benko-Vertraute Hans Peter Hager wurde festgenommen und befindet sich in Hausarrest.
APA/SUCCUS/GERD EDER

Via Aussendung meldete sich am Nachmittag auch Benkos Geschäftspartner Hager zu Wort. Die Staatsanwaltschaft habe "im Zusammenhang mit verschiedenen Immobilienprojekten" Nachforschungen angestellt. "Die Verteidiger wurden beauftragt, Einspruch gegen diese Maßnahme einzulegen", teilte die Pressestelle des Wirtschaftsprüfers mit. "Heinz Peter Hager hat den Ermittlern volle Zusammenarbeit angeboten und äußert großes Vertrauen in die Justiz."

Hunderte Durchsuchungen

Laut einer Pressemitteilung der italienischen Staatsanwaltschaft von Dienstag wurde ein "vorsorglicher Hausarrest" gegen neun Personen angeordnet, darunter sind öffentliche Amtsträger sowie Unternehmer. Insgesamt hätten über hundert Durchsuchungen bei Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen in Italien und im Ausland stattgefunden. Im Bozner Rathaus war laut italienischen Meiden bis zuletzt noch eine Durchsuchung im Gange.

Laut der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Trient sind die Maßnahmen das Ergebnis einer "komplexen gerichtlichen und steuerpolizeilichen Ermittlungsaktivität, die von Mitgliedern der Carabinieri und der Guardia di Finanza" durchgeführt worden sei. In dem Verfahren gehe es um den Verdacht, dass öffentliche Amtsträger bestochen worden seien, um Konzessionen für Immobilienprojekte zu bekommen. Den Beschuldigten werden darüber hinaus verschiedene Straftaten gegen die öffentliche Verwaltung vorgeworfen, darunter die Weitergabe von Amtsgeheimnissen und die Unterlassung von Amtshandlungen sowie Verstöße gegen Steuervorschriften. Details sind zum aktuellen Zeitpunkt nicht bestätigt.

Insgesamt betreffen die Untersuchungen laut der Mitteilung der Staatsanwaltschaft 77 Personen, darunter Lokalpolitiker, Beamte, Manager und Mitglieder von Strafverfolgungsbehörden. Darüber hinaus wird auch gegen mehrere Unternehmen ermittelt. Die italienische Staatsanwaltschaft weist darauf hin, dass sich das Verfahren "in der Phase der Voruntersuchung" befinde und für alle Betroffenen die Unschuldsvermutung gelte.

Mehrere Verfahren gegen Benko

Gegen Benko laufen derzeit mehrere strafrechtliche Ermittlungsverfahren. In Österreich ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Causa Signa schon seit längerem. So soll bei der Verlängerung eines Bankkredits im Sommer 2023 mutmaßlich die "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Signa-Gruppe und ihre Zahlungswilligkeit" vorgetäuscht worden sein, wie die WKStA im April bekanntgab. Im Juni führte sie in der Causa Signa mehrere Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen an Unternehmensstandorten und Privatadressen durch.

Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass die WKStA auch rund um das Chalet N in Lech in Vorarlberg ermittelt. An das vorgebliche Luxushotel flossen Corona-Förderungen in der Höhe von über einer Million Euro. Die Ermittlerinnen und Ermittler vermuten, dass diese Gelder für die "private Lebensführung" genutzt wurden. Abseits der Ermittlungen in Österreich und der nunmehr bekannt gewordenen Untersuchungen in Italien beschäftigen sich auch Strafverfolgungsbehörden in Liechtenstein und in Deutschland mit der Causa.

Benko und andere Beschuldigte bestreiten alle Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung. (japf, gra, 3.12.2024)

Der tiefe Fall des René Benko | Österreich, erklärt
DER STANDARD
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