SDP - die bekannteste unbekannteste Band im Exklusivinterview
LINZ. Die Berliner Band „SDP“ war am Samstag, 30. April, im Brucknerhaus. Rund 2.500 begeisterte Fans kamen zum Posthof-Sonderkonzert. Tips-Redakteurin Nicole Dirnberger hat Dag-Alexis Kopplin und Vincent Stein vorab exklusiv getroffen und mit ihnen darüber wer sie eigentlich sind, das neue Album, Drogen und Selbstwert gesprochen.
Tips: Wie war die bisherige Tour?
Dag-Alexis Kopplin: Es waren bisher zwei Tourstopps und das erste Konzert war natürlich etwas ganz Besonderes für uns nach diesen zwei Jahren. Wir waren schon ein bisschen aufgeregt nach so langer Zeit zu spielen. Und die kleinen Fehlerchen die wir uns im Vorhinein vorgestellt haben dass passieren werden, die sind auch passiert. Aber grade für unsere Fans ist das besonders sympathisch nicht immer eine perfekte Show vorgesetzt zu bekommen, sondern zu sehen, dass das uns auch sehr bewegt und wir da auch keine Maschinen sind.
Tips: Ihr bezeichnet euch selbst als die bekannteste unbekannteste Band: wer seid ihr eigentlich?
Vincent Stein: Wir bezeichnen uns selbst als die bekannteste unbekannteste Band der Welt und ich finde es trifft jetzt viel mehr zu als es jemals zugetroffen hat. Die Leute sagen, ihr seid grade im Fernsehen bei Sing meinen Song und auf Tournee, fast alles ist ausverkauft, aber wir können trotzdem noch draußen spazieren gehen und keiner will irgendwas. Es ist jetzt nicht so, dass wir Superstars sind und tagsüber belagert werden.
Tips: Wie ist es dann für euch im Rampenlicht zu stehen? Fluch oder Segen?
Dag: Natürlich ist es ein Segen und natürlich ist die Frage was ist mit Rampenlicht gemeint. Vincent hat es schon gesagt als bekannteste unbekannteste Band stehen wir als Privatpersonen gar nicht mal so im Rampenlicht und ich genieße das sehr, dass wir in unserem Beruf die Momente haben, wo wir überhaupt nicht im Rampenlicht stehen, sondern im Studio. Und dann gehen wir auf die Bühne und wirklich ins Rampenlicht und die Leute feiern die Lieder und singen mit. Genau diese Unterschiede sind hald das, was es interessant macht.
Vincent: Und ich finde grade so wie es jetzt ist finde ich es am allerperfektesten. Wenn wir jetzt da rumlaufen, und es erkennt uns jemand dann erkennt er uns, weil er wirklich ein Fan ist, dann ist der gut gelaunt. Es gibt auch eine andere Art von Bekanntheit. So wie wir im Rampenlicht stehen, genau immer dann, wenn wir im Rampenlicht stehen, finde ich es eigentlich sehr angenehm.
Tips: Warum wollt ihr so ein bisschen Undercover bleiben?
Dag: Naja es war gar nicht unser Plan überhaupt bekannt zu werden. Natürlich ist es ein Traum gewesen und wir haben immer weitergemacht, aber wir haben das ja auch sehr lange gemacht ohne die riesen Resonanzen zu bekommen einfach, weil wir unsere Lieder lustig, oder cool oder wie auch immer fanden und weil wir Bock drauf hatten. Tja und diesen Promistatus haben wir eigentlich nie angestrebt.
Vincent: Ja für die Leser, die kennen ja nicht alle unsere Entstehungsgeschichte. Dag und ich haben uns kennen gelernt als wir 12 Jahre alt waren in der Schule im ersten Jahr auf dem Gymnasium und seitdem hängen wir vor allem gemeinsam ab und wir machen auch gemeinsam Musik.
Tips: Wie kann man sich bei euch das Songschreiben vorstellen? Ich kenne keine Band, die teilweise so krasse Botschaften so witzig rüberbringt und das singend.
Dag: Wir selber schreiben unsere Songs und wir schreiben die kann man sagen 50:50. Aber es ist schon so, dass jeder seine Strophen alleine schreibt. Wenns darum geht, wie die ganzen Ideen entstehen, dann entstehen die meist aus Gesprächen miteinander, auch einfach mal aus einem Gag, den jemand macht. Eigentlich läuft bei uns die ganze Zeit bei uns so ein Filter oder so ein kleiner Songwriter im Kopf, der schreibt die ganze Zeit mit und versucht die ganzen Ideen aus der Luft aufzufangen.
Vincent: Aber wie du schon gesagt hast es geht uns bei unseren Songs sehr stark um unsere Texte das ist vielleicht ein Unterschied zu anderen Bands. Also ich will jetzt nicht sagen, dass andere Bands die Texte weniger wichtig sind, aber viele andere Künstler setzen sich hin und überlegen sich vielleicht erstmal eine schöne Melodie. Das passiert selten bei uns. In der Regel ist anfangs die Textidee oder das Thema, worüber wir mal ein Lied schreiben wollen, da.
Tips: Nun ist es ja so, dass ihr mit euren Texten sehr stark die Jugend oder die jüngeren Menschen ansprecht, wie geht ihr damit um?
Vincent: Wir machen ja schon seit 20 Jahren Musik, wenn wir immer die Jugend ansprechen, dann sind die ja auch schon 20 Jahre älter. Also ich habe eher nicht das Gefühl, dass wir nur die Jugend ansprechen, sondern dass wir eine unglaubliche Themenvielfalt haben.
Dag: Ja wir haben eine unglaubliche Themenvielfalt und man sieht ja auf den Konzerten da sind ja nicht nur junge Leute, aber auch junge Leute, was uns freut. Es ist cool so lange Musik zu machen und quasi Fans zu haben die mitwachsen und mit älter werden und genauso den Anschluss an die jüngere Generation nicht zu verlieren. Und es auch irgendeinem Grund, schaffen wir es die Themen so anzugehen, dass auch jüngere Leute eine Verbindung dazu aufbauen. Das ist für uns was Schönes.
Vincent: Genau und ich finde es hald geil. Es sind nicht nur 14-jährige Teenies, die bei uns vor der Bühne stehen, ganz und gar nicht. Es sind teilweise Familien da und du weißt nicht wer wen überredet hat. Und das ist eigentlich das Wunderschönste daran.
Tips: Wenn wir schon über Songs sprechen: es kommt am 3. Juni ein neues Album – was erwartet die Fans?
Dag: Ist auf jeden Fall wieder ein klassisches SDP-Album was genau heißt, dass man nicht weiß, was einem erwarten kann. Die Vielfalt bleibt erhalten und es werden musikalische Überraschungen sein. Die Gäste sind wieder sehr vielfältig und überraschend. Themenvielfalt ist auch wieder gegeben. Es ist ein klassisches SDP-Album.
Tips: Vincent du bist Musikproduzent, bist du dann für das Produzieren der Musik von SDP zuständig?
Vincent: Naja es kann ja nur einer am Computer sitzen. Wir könnten mal ausprobieren, dass ich die Maus bediene und du (Dag) die Tastatur. Vielleicht entstehen da noch interessante Töne. Aber wir machen das natürlich alles zusammen. Ich sag jetzt nicht „Dag du hälst die Klappe und ich bin der Musikproduzent und wir machen das“. Alles was man von uns sieht, machen wir tatsächlich selber.
Tips: Dag, in einem Interview sagst du dass es dir wichtig ist über das Thema Drogen zu sprechen: warum ist dir das wichtig?
Dag: Wir haben auch einen Song auf dem neuen Album, der sich mit dem Thema beschäftigt. Es geht nicht nur um Drogen, sondern es geht auch darum, was alles eine Droge sein kann, wo Abhängigkeiten enstehen können und natürlich auch zu sagen, dass Alkohol auch eine Droge ist. Das ist sehr wichtig.
Vincent: Einer der schlimmsten vielleicht auch, weil sie so allgegenwärtig ist.
Dag: Weil sie so allgegenwärtig ist, aber auch wegen der Wirkung von Alkohol selbst und den Gefahren von Alkohol als Substanz. Wir leben alle in sehr bewegten Zeiten. Es sind nicht nur die neuen modernen Zeiten, die technischen Herausforderungen, das hohe Tempo, mit dem wir alle leben, sondern beispielsweise auch die Pandemie. Und wir stehen alle unter hohen Druck und wenige können sich dem entziehen und da können Sport, Essen, Verhaltensweisen, andere Menschen – alles kann für einen wie eine Droge werden. Ich finde es wichtig die Songs zu machen und die Sachen klar benennen. Aber wenn man darüber singt auch mal ernsthaft darüber zu reden und zu sagen worum es da geht. Alles kann zu einer Sucht werden, alles kann zu einer Droge werden.
Tips: Auch der Selbstwert ist bei euch Thema. Ihr habt mal in einem Interview davon gesprochen, dass ihr von Mobbing betroffen wart – passend hierzu gibt es den Song Unikat.
Dag: Wir waren keine Mobbingopfer in der Schule, aber wir waren im gewissen Sinne schon Außenseiter. Ich war schon so etwas wie ein Problemjugendlicher, wenn man es mit so einer Schublade benennen will, aber ich hatte keine Probleme mit meinen Mitschülern. Es waren eher die Lehrer, mit denen ich Probleme hatte. Heutzutage würde man es wahrscheinlich Mobbing durch Lehrer nennen. Es ist aber in unserer heutigen Leistungsgesellschaft für jeden ein Thema mit dem Selbstwert. Der Selbstwert ist ein zentraler Schlüssel sich selbst zu lieben, sich selbst geliebt zu fühlen. Mir haben als Jugendlicher solche Songs, die mich erreicht haben, geholfen. Sie haben mir Mut gemacht, dass ich nicht allein bin mit dem anders sein. Uns ist es immer auch ein Anliegen gewesen, solche Songs auch selbst zu machen.
Vincent: Grade auch wie wir Unikat geschrieben haben und auch auf dem neuen Album haben wir einen Song, der heißt „9 von 10“ also neun von zehn haben mit Mobbing kein Problem einer vielleicht dann doch, da sind wir auch wirklich stolz auf die Lieder. Wenn wir fertig sind, denken wir jedes Mal 'Alter, wenn es dieses Lied damals gegeben hätte, das hätte uns echt bewegt und geholfen'. Darum sind wir froh sowas zurückzugeben.
Tips: Die Band gibt es ja jetzt schon über 20 Jahre – könnt ihr euch noch weitere 20 Jahre vorstellen?
Dag: Auf jeden Fall, klar, 30.
Vincent: SDP machen wir ja wirklich nur deswegen, weil wir Bock darauf haben. Ich meine, wir waren so lange nicht erfolgreich damit, das machst du nur wenn du Bock drauf hast. Wir machen auch nur worauf wir Bock haben, vielleicht klingt SDP in 20 Jahren ganz anders und wir machen irgendwie ein Jazz-Album - JazzDP, man weiß es nicht. Aber wir werden auf jeden Fall das machen, worauf wir Bock haben.