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"Tatort" Saarbrücken: Nach diesem Fall kommt der nächste

Tatort Saarbrücken Nach diesem Fall kommt der nächste
Leider erinnert sich keiner mehr, was vor einem Jahr bei den Kommissaren im Saarland los war. Und jetzt ist auch noch ihre Bromance in Gefahr.

Der neue Saarbrücker Tatort: Das Ende der Nacht (SR-Redaktion: Christian Bauer, Degeto-Redaktion: Birgit Titze) fängt an wie eine Radiosendung, in der es um Geld geht – mit Abbas Hit Money, Money, Money. Der Einsatz des Songs ist hier etwas übereindeutig, weil man im Film ja sieht, dass es um Geld geht. Geldbote Ralf (Jean-Luc Bubert) verlädt das Transportgut seines Berufsstands in einen Wagen, der wenig später überfallen wird. Ralf wird den Raub nicht überleben, auch weil er, anders als Kollege Aytaç Çelik (Mücahit Altun), den Transporter verlassen hatte.

Als die Polizei zum Ort des Geschehens kommt, entdeckt Kommissar Schürk (Daniel Sträßer) eine auf den Boden gesprayte 73. Die hält er zuerst für einen Code aus der Funkerszene: "Gruß und Ciao", der siebte und der dritte Buchstabe des Alphabets. Was ganz schön ist, weil Ermittlungen nicht immer zielführend sein müssen, auch bei falschen Annahmen ansetzen können, die dann verworfen werden. Tatsächlich führt die 73 auf die Spur des französischen Berufsverbrecherpaares Radek, das seine Taten durchnummeriert. Warum auch immer, spricht für ein gewisses Selbstvertrauen.

Die Spur führt zu Carla Radek (Lena Urzendowsky), der Tochter des Crime-Couples, die aktuell in einem Imbiss in Saarbrücken jobbt. Die Befragung der jungen Frau ist eine der besten Szenen des Films. Schon weil sie sehr lange dauert, was ungewöhnlich ist für den ungeduldig-informationsgetriebenen Standard-ARD-Sonntagabendkrimi (Drehbuch: Melanie Waelde). Außerdem findet sie an pittoreskem Ort statt, einer Brache neben dem Imbiss (Szenenbild: Andreas C. Schmid, Location Scouts: Sophie Hafner-Mlakar, Gregor Wickert).

Matthias Dell

schreibt seit 2010 wöchentlich über Tatort und Polizeiruf 110. Auf ZEIT ONLINE seit 2016 in der Kolumne Der Obduktionsbericht.

In der ausdauernden Befragung durch Schürk und Kollegin Heinrich (Ines Marie Westernströer) spielt Carla Radek versiert die Unschuld, ist aufgeregt beim Zigarettendrehen und vermittelt, dass sie mit den devianten Eltern nix zu tun habe. So glaubhaft, dass man sich fast wundert, warum sie weiter für verdächtig gehalten wird. An so einer Stelle hätte der Film vielleicht noch stärker mit der Publikumserwartung spielen können. Wie auch eine spätere Fußverfolgung, bei der Schürk dem überlebenden Geldboten Çelik hinterherläuft, etwas aufregender hätte inszeniert können – durch ein Sichumschauen von Çelik etwa (Regie: Tini Tüllmann).

Aber Das Ende der Nacht will in seinem langen Finale sowieso auf etwas anderes hinaus: Action. Die Radek-Mutter Béatrice (Sabine Timoteo) besucht die Tochter, gemeinsam entführen beide Pia Heinrich, damit es zum Showdown mit Sprengstoff in einem alten Bunker kommen kann. Der endet dann mit einem regungslosen Kommissar Hölzer (Vladimir Burlakov) und besorgten "Leo"-Rufen von Kollegin Baumann (Brigitte Urhausen).

© ZEIT ONLINE

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Dieser Cliffhanger ist ziemlich heftig, weil der nächste Saarbrücker Tatort erst in einem Jahr laufen wird. Wird Leo wieder aufwachen? Das mit dem Jahresabstand macht das Spiel mit folgenübergreifenden Erzählsträngen, die sich seit dem Auftakt 2019 durch die Fälle der SR-Viererbande ziehen, noch anstrengender als an anderen Schauplätzen. Man kann sich die seriellen Elemente mitunter schwer merken. So taucht als Carla-Kompagnon für den Geldtransporterüberfall der Charakter Moritz Leimer (Michelangelo Fortuzzi) wieder auf, der schon in der vorletzten Folge Die Kälte der Erde vor zwei Jahren mit von der Partie war. Kann sein, dass das anderen Leuten anders geht – ich habe mit der Figur deshalb trotzdem nicht mehr verbunden als mit einer Episodenrolle, die hier zum ersten Mal vorkommt.

Serie

"Tatort" Stuttgart: Die Täterin hat eine Schwachstelle

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Es ist ja schon schwer genug, das Leiden der Saarbrücker Hauptfiguren an familiären Verwerfungen einigermaßen präsent zu haben. Schürk schiebt zu Beginn von Das Ende der Nacht noch den Blues: Was macht das mit einem, wenn der eigene Vater kriminell war? Ein psychologisches Motiv, das mit den Verhältnissen bei Familie Radek korrespondieren soll, letztlich aber nicht so viel hermacht. Der Tatort ist im Hauptberuf nun mal Krimi, da kommt solch eine therapeutische Nebentätigkeit zwangsläufig zu kurz.

Kriminelle Familienverhältnisse: Mutter Béatrice Radek (Sabine Timoteo, links) mit Tochter Carla (Lena Urzendowsky)

In Sachen Leiden schiebt sich in dieser Folge Pia Heinrich in den Vordergrund, die ihrem Arbeitswillen nur durch Tablettenmissbrauch beikommen will. Am auffälligsten ist aber, dass das neu sortiert wird, was in Saarbrücken Alleinstellungspfund ist. Mit der Bromance zwischen Hölzer und Schürk ist in diesem Fall Pause, der eine ist mit Baumann, der andere mit Heinrich unterwegs.

Was zu einer, sagen wir, eigenwilligen Privatszene zwischen Heinrich und Schürk führt – er bittet sie zum Tanz in einem Brunnen, was durchaus etwas Prickelndes hat, weil beide dafür bis zu den Knöcheln im Wasser stehen. Und sich am Ende sehr intensiv angucken, wo ein Kuss ziemlich naheläge, aber ausbleibt – obwohl auf der Tonspur recht eindeutig Dionne Warwicks Version des Burt-Bacharach-Krachers What the World Needs Now (Is Love, Sweet Love) läuft. 

Drei "Tatort"-Sätze fürs richtige Leben:

Ein Hinweis, mit dem man Mansplainern kommen kann: "Mit wem tanzt der Wolf?"

Eine Auskunft, mit der sich in Videokonferenzen beeindrucken lässt: "Meine Mutter sagt, ich bin wie mein Vater."

Ein Graffito, das jedes Wohnzimmer schmückt: "Bitte bestätigen Sie Ihren Standort."

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