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„Eras Tour“: An einer Stelle wirkt selbst Taylor Swift ein wenig ...

Eras Tour An einer Stelle wirkt selbst Taylor Swift ein wenig
Was passiert, wenn der größte Popstar des Planeten nach Deutschland kommt? Die „Eras Tour´ von Taylor Swift ist in erster Linie genau die gigantische Show, die sich auch erwarten lässt. Aber in einem spontanen Moment erahnt man, worum es hier wirkli

Was bei einem Konzert von Taylor Swift als erstes auffällt, ist das Glitzermeer. Eine Tribüne voller Swift-Fans ist für das beobachtende Auge ein endloses Bombardement des Funkelns und Schillerns, so als ob die „Swifties“ tausende Fotos pro Sekunde mit dem Blitzlicht schießen würden. Tun sie natürlich nicht. Sie tragen einfach nur bunte Paillettenkleider, die bei Konzerten des US-Popstars mittlerweile zum Dresscode geworden sind.

Die Sache mit den Paillettenkleidern ist nur ein kleines Indiz für die Macht, die Swift mittlerweile genießt. Die 34-Jährige ist zum größten Pop-Star des 21. Jahrhunderts geworden, im Status höchstens noch vergleichbar mit Michael Jackson, Madonna oder den Beatles zu deren besten Zeiten. Und die „Swifties“, die globale Armada meist weiblicher Fans, sind zur einflussreichsten Strömung der Popkultur avanciert.

Die „größte Show der Erde“

Mit der „Eras Tour“ zementiert Swift diesen Status als weltweite Ikone nun. Als die „größte Show der Erde“ betitelte das einflussreiche Branchenmedium Pollstar die Tour vor kurzem, und ein bloßer Blick auf die Ausmaße reicht, um zu verstehen, warum. Bei der „Eras Tour“ handelt es sich um ein knapp zwei Jahre andauerndes Mammutprogramm, 152 Shows auf fünf Kontinenten, jede Show drei bis dreieinhalb Stunden lang. Es ist Swifts Opus Magnum, ihr Lebenswerk, ihre Machtdemonstration.

Derzeit ist die Welttournee in Europa zu Gast, am Sonntagabend spielte Swift im Münchner Olympiastadion ihr letztes Deutschland-Konzert. Und rein rational betrachtet wird schnell klar, warum die Amerikanerin die derzeit größte Attraktion des Planeten darstellt. Eine junge Frau, die schon als Teenagerin das Country-Stahlbad der US-Südstaaten durchschritt, gesegnet mit dem vielleicht größten Songwriting-Talent des Pop, verbunden mit einem beinahe unmenschlichen Arbeitsethos? Man muss kein Swift-Fan sein, um anzuerkennen, dass sie zu Recht da steht, wo sie steht. (Mitten während der Tour veröffentlichte Swift nebenbei noch ein neues, 31 Songs starkes Album, es brach - natürlich - alle Rekorde.)

Ein kleines „Servus“ zu Beginn

Man muss auch kein „Swiftie“ sein, um beeindruckt zu sein von einem Abend auf der „Eras Tour“. Denn selbstverständlich wird auf dieser gewaltigen Messe des Pop nichts dem Zufall überlassen. Wenn Swift bei den großen Tanz-Hits ihres Albums „1989“ wie „Bad Blood“ oder „Shake It Off“ das Feuerwerk und die Lichteffekte spielen lässt, unterhält das genauso, wie wenn für die ruhigeren Alben „Folklore“ und „Evermore“ die Bühne plötzlich in einen Märchenwald verwandelt wird, inklusive Holzhütte und Tannenbäumen.

Durch all das führt Swift mit der geschäftsmäßigen Routine eines Popstars, den nichts mehr überraschen kann. Swift weiß natürlich genau, was sie auslöst, wenn sie das bayerische Publikum mit einem eingeübten „Servus“ begrüßt. Selbst ihre Mimik wirkt perfekt durchchoreografiert, als wäre man zu Gast in einem Musikvideo statt bei einem Live-Konzert. Das alles ist nicht unbedingt spontan. Aber es ist ein gewaltiges Spektakel, selbst für Menschen, die noch nie „Anti-Hero“ gehört haben, sollte es diese Menschen wirklich geben. Die größte Show der Erde, in der Tat.

„Oh my god“

Aber der eine Moment, in dem Swift die Mimik kurz zu entgleisen scheint, zeigt vielleicht am besten, worum es hier wirklich geht. Im „Evermore“-Teil des Konzerts setzt sich Swift ans Piano und stimmt die Ballade „Champagne Problems“ an. Sie habe diesen Song zu Beginn der Corona-Pandemie geschrieben, erklärt Swift zu Beginn in einem emotionalen Monolog, und als sie da zuhause am Piano saß, habe sie lange darüber nachgedacht, ob sie jemals die Gelegenheit haben werde, den Song live zusammen mit dem Publikum zu spielen. 

Am Ende des Songs reagieren die 74.000 Zuschauer mit einem lauten, mehrere Minuten langen Dauerapplaus. Das ist gewissermaßen einprogrammiert an dieser Stelle, an jedem einzelnen Tourstopp kam es nach genau diesem Song zu den Dauer-Ovationen - Swift-Fans wissen natürlich, was von ihnen erwartet wird. Aber die Intensität des Applauses, die ungewöhnliche Länge und auch die Lautstärke, scheint selbst Swift kurz aus ihrer Rolle zu bringen. Fassungslos starrt sie sekundenlang ins Publikum, von ihren Lippen lässt sich mehrmals „Oh my god“ ablesen. Manchmal scheint nicht mal Swift zu verstehen, was sie da erschaffen hat.

Triumphzug und Therapiestunde

Denn allen rationalen Argumenten zum Trotz ist all das hier nur bedingt logisch. Es ist nicht wirklich erklärbar, dass sowohl die 20-jährige Gen-Z-Studentin als auch die Backstreet-Boys-sozialisierte 40-Jährige jeden einzelnen der 44 (!) gespielten Songs auswendig mitsingen können, und das 74.000 Mal. Dass das Konzert bisweilen schlecht abgemischt klingt, liegt auch daran, dass das Publikum fast die gesamte Zeit über lauter singt als die Interpretin.

Es werde immer viel darüber spekuliert, was ihre Songs zu bedeuten hätten, sagt Swift zu Beginn des Konzerts, aber mit Abenden wie diesen wolle sie eine neue Bedeutung schaffen: Als Teil einer unvergesslichen Erinnerung für ihre Fans. Das passt zu einer Künstlerin, die jahrelang um die Deutungshoheit über ihr Werk gekämpft hat, geschäftlich wie musikalisch. Swift löst dieses Versprechen aber auch ein. Als sie sich bei „The Smallest Man Who Ever Lived“ eine Generalsjacke überzieht und mit einer Marschkapelle den Bühnensteg entlangstampft, singen die Fans die Lyrics nicht mehr mit - sie brüllen sie ihr entgegen. „And I'll forget you, but I'll never forgive / The smallest man who ever lived.“ Vielleicht ist ein Abend mit Taylor Swift genau das: Triumphzug und Therapiestunde in einem.

Am Ende steht nur fest, dass Swift es geschafft hat, mit ihren Songs die Lebensrealitäten ganzer Generationen weiblicher Fans abzubilden. Und sie hat ihnen vor allem ein Umfeld kreiert, in dem es in Ordnung ist, all diese bisweilen widersprüchlichen Gefühle auch mal geschehen zu lassen: Wut, Glück, Enttäuschung, Stolz, Erschöpfung, Tatendrang. Es sagt viel aus über die Popkultur, dass Swift damit eine Marktlücke getroffen hat.

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