Tiktok macht Service in den USA wieder verfügbar
Social Media
Zuvor hatte sich die Social-Media-Plattform aus den USA zurückgezogen. Trump kündigte an, das Tiktok-Verbot per Dekret aufzuheben
aktualisiert am 19. Jänner 2025, 18:42
Die Betreiber von Tiktok erklärten am Sonntag, sie seien dabei, den Dienst in den USA wiederherzustellen. Man werde mit dem designierten republikanischen Präsidenten Donald Trump an einer langfristigen Lösung arbeiten, die die beliebte Social-Media-App in chinesischem Besitz in den Vereinigten Staaten hält.
Am Sonntag hatte der künftige US-Präsident Donald Trump angekündigt, direkt nach seinem Amtsantritt am Montag ein Dekret zu erlassen, das den Betrieb von Tiktok wieder ermöglichen soll. Zudem erklärte er, dass er es befürworten würde, wenn die USA Beteiligung übernehmen würden. "Ich würde es begrüßen, wenn die Vereinigten Staaten eine 50-prozentige Beteiligung an einem Joint Venture halten würden", schrieb Trump in einem Beitrag in sozialen Medien.
Es war ein Schock für viele US-Amerikanerinnen und -Amerikaner. Am Samstagabend verschwand Tiktok aus den USA, nur wenige Stunden bevor ein gesetzlich verordnetes Verbot in Kraft trat. Jetzt liegt es bei Trump, eine schnelle Lösung zu finden. Zuvor schon signalisierte er in einem exklusiven Interview mit NBC, dass er "höchstwahrscheinlich" eine 90-tägige Fristverlängerung gewähren werde, um einen Ausweg am Verhandlungstisch finden zu können.
Offline zu bleiben ist offensichtlich keine Option für Tiktok, denn in der Nachricht an seine Nutzer heißt es: "Wir sind froh, dass Präsident Trump angedeutet hat, dass er mit uns an einer Lösung zur Wiedereinführung von Tiktok arbeiten wird, sobald er im Amt ist."
Politischer Spielball
Kritiker in den USA werfen Tiktok vor, durch seine chinesischen Eigentümer ein potenzielles Sicherheitsrisiko darzustellen. China wiederum beschuldigt die USA, staatliche Macht zu missbrauchen, um ein ausländisches Unternehmen zu unterdrücken. Die chinesische Botschaft in Washington drohte zuletzt, dass man "alle notwendigen Maßnahmen ergreifen werde, um legitime Rechte und Interessen zu schützen."
Die Plattform, die immerhin von 170 Millionen Amerikanern genutzt wird, ging am Samstag offline. Auch die App-Stores von Google und Apple entfernten die App aus ihrem Angebot. Besucher der Plattform werden derzeit mit einer Nachricht konfrontiert: "Tiktok ist im Moment leider nicht verfügbar. In den USA wurde ein Gesetz zum Verbot von Tiktok erlassen. Das bedeutet leider, dass Sie Tiktok vorerst nicht nutzen können."
Der Schritt erfolgte nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs, der am Freitag ein Verbot bestätigte, das bereits im April vom US-Kongress verabschiedet und von Präsident Joe Biden unterzeichnet wurde. Das Gesetz sieht vor, dass Tiktok nur dann in den USA verfügbar bleibt, wenn der chinesische Mutterkonzern Bytedance die Plattform an ein Unternehmen aus den USA verkauft. Betreiber Bytedance lehnte bislang jedoch alle Übernahmeangebote ab – wohl auch, weil die chinesische Regierung einem Verkauf des US-Geschäfts zustimmen müsste.
Nutzer und Unternehmen im "Notfallmodus"
Die plötzliche Abschaltung hat aber auch über die politische Dimension hinaus weitreichende Konsequenzen: Millionen von Nutzern, darunter Influencer und kleine Unternehmen, die von der Plattform wirtschaftlich abhängen, sind betroffen. Zahlreiche Marketingagenturen sprachen von einem "Notfallmodus" und einer hektischen Umstellung auf andere Plattformen. Händler, die Tiktok Shop nutzten, äußerten Sorge darüber, ob bereits bezahlte Waren ihre Kunden noch erreichen würden.
Die User hingegen zeigten ihren Frust online. Unter dem Hashtag #TiktokRefugee fanden sich tausende Beiträge, in denen Menschen Abschied von der Plattform nahmen oder Hoffnung auf eine baldige Rückkehr äußerten. Unterdessen wichen zuvor schon viele auf Alternativen anderer Anbieter aus. Neben Angeboten von Facebook-Mutter Meta soll vor allem eine App names Rednote trenden. Dabei ist die ebenfalls aus China stammende Anwendung noch bedenklicher als Tiktok.
Wie zu erwarten war, suchten versiertere Nutzer wiederum nach technischen Umgehungslösungen: Websuchen nach "VPN" stiegen sprunghaft an, und bekannte Anbieter wie Nord VPN berichteten von technischen Schwierigkeiten aufgrund des plötzlichen Ansturms. Eher anzuzweifeln ist, dass Nutzerinnen und Nutzer die Anstrengungen wegen einer päpstlichen Werbeeinschaltung unternommen haben: Papst Franziskus hat sich nämlich erstmals in einem TikTok-Video gezeigt. In dem rund 40 Sekunden langen Auftritt dankt er dem italienischen Publizisten Carlo Musso für die Unterstützung als Co-Autor bei seiner Autobiografie "Hoffe" und blätterte dabei im Buch.
Bitte warten
Während Trump eine Übergangslösung in Aussicht stellt, gibt es in den Reihen seiner Partei weiterhin deutliche Unterstützung für ein endgültiges Verbot. Senator Tom Cotton bezeichnete Tiktok auf X als "kommunistische Spionage-App" und kritisierte China für die Weigerung, das Unternehmen zu verkaufen. Auch Analysten sind sich uneins: Während einige, wie Richard Greenfield von Lightshed Partners, gegenüber CNN an eine langfristige Präsenz von Tiktok in den USA glauben, erwarten andere eine Fortsetzung des politischen Tauziehens.
Tiktoks Zukunft in den USA bleibt vorerst unklar. Gerüchte über angebliche Übernahmegespräche mit Elon Musk und ein Vorschlag zur Fusion mit der Suchmaschine Perplexity AI zeigen auch, dass hinter den Kulissen fieberhaft nach Lösungen gesucht wird. Ob, aber wohl eher wann die App wieder zurückkehrt, hängt jetzt jedoch von der nächsten US-Regierung und deren politischen Entscheidungen ab. (bbr, 19.1.2025)