Riesentorlauf-Weltmeister Raphael Haaser kam aus dem Nichts und ...
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Kopf des Tages
Der Iceman aus Tirol sorgt für die größte ÖSV-Sensation bei der Heim-WM. Vom ungestümen Läufer entwickelte er sich zum stillen Helden. Das freut auch seine skiverrückte Familie
Kopf des Tages
/Lukas Zahrer
14. Februar 2025, 18:15
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Als die Sensation perfekt war, dröhnte Major Tom aus den Lautsprechern. Der Klassiker von Peter Schilling brachte die Fans im Zielstadion von Hinterglemm zum Beben. Raphael Haaser hatte bei der Heim-Weltmeisterschaft ausgerechnet in der Problemdisziplin Riesenslalom die Goldmedaille für den ÖSV geholt. Die Gefahr, dass der 27-Jährige nach dem Sieg abhebt, sich völlig loslöst von der Erde, ist und bleibt überschaubar.
Der Spitzname des Tirolers lautet Iceman, weil er cool, fast schon gefühlskalt wirkt. Auch nach dem größten Triumph seiner Skikarriere. Wie er das geschafft habe, wollte ORF-Moderator Rainer Pariasek wissen. Haaser: "Ich habe mein Bestes gegeben." Ob ihn die große Bühne einer WM wirklich kaltlasse? "Es gibt schon Situationen, in denen ich mich aufrege." Und verspürt er auch Glück? "Ob du es mir glaubst oder nicht, ich habe Freude."
Anfänge "ungestüm und dumm"
Haaser wuchs am Achensee in Tirol auf, seine Tante Andrea war Weltcupläuferin, auch der Onkel bestritt Rennen auf höchster Ebene. Die beiden brachten Raphael und dessen Schwester Ricarda, die im WM-Super-G einen Kreuzbandriss erlitt, den Sport bei. "Skifahren hat immer eine große Rolle gespielt. Es hat uns keiner dazu gedrängt", erzählte Haaser einmal. Vater Rene und Mutter Simone trieben das Training der Kinder voran, in dieser Zeit sei er auf "unheimlich viele Skitage" gekommen, immer mit einer "Riesengaudi".
Erst seit fünf Jahren fährt Haaser im Weltcup. "Ich war früh gut dabei, aber oft ungestüm und dumm, weil ich an den falschen Stellen zu viel riskierte. Ich habe auf die harte Tour lernen müssen, dass das nicht geht." Vor zwei Jahren gewann Haaser WM-Bronze in der Kombination, vor einer Woche Silber im Super-G. Seit Gold vom Freitag besitzt er einen kompletten Medaillensatz.
Mit Kopfsponsor zum WM-Titel
Haaser ist ein Mann der wenigen Worte, zumindest in der Öffentlichkeit. Kollegen beschreiben ihn mitunter als lustigstes Mitglied im Skiteam. Bis zum Beginn der aktuellen Saison fehlte Haaser ein Kopfsponsor, obwohl er WM-Medaillengewinner war und als vielversprechender ÖSV-Läufer galt.
Bei Familientreffen dreht sich vieles um den Skisport, privat ist er mit der deutschen Rennfahrerin Fabiana Dorigo liiert. "Manchmal wäre es gut, wenn nicht alle so viel Ahnung hätten, dann würden sie weniger dreinreden. Da sage ich manchmal: Jetzt ist genug, man kann auch über andere Sachen sprechen." Wenn Haaser sich nicht mit dem Skifahren beschäftigt, schaut er gerne Formel-1-Rennen, Tennisturniere oder die Darts-WM.
"Im Riesenslalom hat es mich oft einmal gefuchst", sagte Haaser nach seiner Fahrt zu WM-Gold. In seiner Karriere war er in dieser Disziplin nie besser als Siebenter. Ausgerechnet bei der Heim-WM schlug er den Rest der Welt. Haaser bringt es wie so oft mit wenigen Worten auf den Punkt: "Es ist unglaublich." (Lukas Zahrer, 14.2.2025)