Messerangriff in Villach "islamistischer Anschlag mit IS-Bezug"
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Der 23-jährige Syrer mit Aufenthaltsberechtigung plante offenbar, von der Polizei erschossen zu werden. Er tötete einen 14-Jährigen in Villach. Innenminister Karner kündigt "anlasslose Massenüberprüfungen" an
Franz Miklautz Fabian Schmid
aktualisiert am 16. Februar 2025, 12:30
Der brutale Messerangriff in Villach vom Samstag gilt als islamistischer Terroranschlag. Es handelt sich damit um den zweiten tödlichen jihadistischen Anschlag in Österreich. Der Verdächtige, ein 23-jähriger Syrer, soll während der Tat "Allahu akbar" geschrien und eingeräumt haben, sich online radikalisiert zu haben, heißt es aus Kärntner Ermittlerkreisen. Angeblich habe der Mann einen Treueschwur auf den IS oder eine andere jihadistische Organisation geleistet.
Bei einer Pressekonferenz am Sonntagmittag sprach Innenminister Gerhard Karner von einem "islamistischen Anschlag mit IS-Bezug". Der Täter habe sich "online rasch radikalisiert". Er forderte mehr Befugnisse für die Ermittlungsbehörden und kündigte Pläne an, anlasslose Massenkontrollen durchzuführen. Karner, Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und der Villacher Bürgermeister Günther Albel sprachen der Familie des Ermordeten ihr Mitgefühl aus.
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Kaiser bedankte sich bei jenem Syrer, der den Täter "couragiert" gestoppt habe. "Das zeigt, wie eng Böses, Terroristisches und Humanistisches (...) in einer Staatsangehörigkeit beieinander liegt", so Kaiser. "Bitte stehen wir in so schwierigen Zeiten zusammen", plädierte der Kärntner Landeshauptmann.
Der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) sprach von einem "Stich ins Herz", es brauche "klare Konsequenzen in Österreich". Es dürfe so nicht weitergehen. Seine Forderung lautete: "Aburteilen, einsperren und abschieben."
Der Mann hatte laut der Kärntner Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiss am Samstag um 15.55 Uhr in der Villacher Innenstadt begonnen, offenbar wahllos auf Passanten einzustechen. Ein 14-jähriger Österreicher wurde getötet, fünf weitere Menschen – darunter zwei Fünfzehnjährige – wurden verletzt. Drei davon müssen intensivmedizinisch behandelt werden, ein Opfer befindet sich in einem stabilen Zustand im Krankenhaus, ein Verletzter musste nur ambulant behandelt werden. Dabei handelt es sich um einen türkischen Staatsbürger – alle anderen Verletzten haben ebenso wie der verstorbene Bursche die österreichische Staatsbürgerschaft.
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Täter wurde angefahren
Der mutmaßliche Täter soll die Passanten mit einem Klappmesser mit zehn Zentimeter Klingenlänge angegriffen haben. Die Tatwaffe wurde am Boden liegend gefunden und sichergestellt. Schlimmeres verhindert hat offenbar ein 42-jähriger syrischer Essenslieferant, der den Verdächtigen angefahren hat. Laut Polizei habe dessen Eingreifen für eine schnelle Festnahme gesorgt. "Er hat ihn damit daran gehindert, weitere Opfer zu suchen", sagt der Kärntner Polizeisprecher Rainer Dionisio zum STANDARD. Zwischen dem ersten Notruf und der Festnahme vergingen laut Kohlweiss sieben Minuten. Knapp 120 Polizisten standen im Einsatz. Kurzfristig habe man einen zweiten Täter vermutet – derzeit gehe man aber von einem unmittelbaren Tatverdächtigen aus.
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Der mutmaßliche Täter soll laut Innenministerium im Jahr 2020 nach Österreich gekommen sein, ihm wurde Asyl gewährt. Dem Vernehmen nach soll der Mann geplant haben, sich von der Polizei erschießen zu lassen. "Er hätte ein Erschießen in Kauf genommen", sagte Kohlweiss. Fotos zeigen ihn vor seiner Festnahme lachend am Boden sitzen. Gegen ihn seien Ermittlungen wegen Mordes und versuchten Mordes eingeleitet worden, bestätigte die Staatsanwaltschaft (StA) Klagenfurt dem STANDARD. Ob Terrorermittlungen hinzukämen, werde geprüft, hier müsse man noch polizeiliche Erkenntnisse abwarten. Der mutmaßliche Täter lebte, so Landespolizeidirektorin Kohlweiss, in einer Privatwohnung, an deren Wänden IS-Fahnen gehangen seien. Für den Mann gilt die Unschuldsvermutung.
Am Sonntag kam es zu einer weiteren Festnahme, zahlreiche Einsatzkräfte führten offenbar eine Hausdurchsuchung in Villach durch. Ein junger Mann wurde daraufhin abgeführt. Es habe den Verdacht gegeben, dass der Mann an der Tat beteiligt gewesen sei. Dieser Verdacht habe sich allerdings nicht bestätigt.
Hinweise können an jeder Polizeidienststelle abgegeben werden, zudem gibt es eine Upload-Plattform. Man setze nun vermehrt auf Fußstreifen, verstärkte Überwachung der Innenstadtbereiche und entsprechende Raumschutzkomponenten, sagte Kohlweiss.
"Unfassbare Gräueltat"
Aus der Politik wurde die Tat scharf verurteilt. "Diese unfassbare Gräueltat muss schärfste Konsequenzen haben", sagte der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Die niederösterreichische Landeshauptfrau und frühere Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) forderte, dass die Tat Österreich “wachrüttelt" und "strengere Maßnahmen gegen Integrationsverweigerer" umgesetzt werden. FPÖ-Chef Herbert Kickl sah ein "Systemversagen erster Güte, für das nun auch ein Jugendlicher in Villach mit seinem Leben bezahlen musste". Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos zeigte sich "tief betroffen", als Gesellschaft müsse man die Sicherheit aller Menschen, die in Österreich leben, gewährleisten. Die grüne Generalsekretärin Olga Voglauer forderte schärfere Waffengesetze. Der Täter solle "mit der vollen Härte des Rechtsstaates zur Rechenschaft gezogen werden". (Fabian Schmid, Franz Miklautz, 16.2.2025)