ÖVP und SPÖ: Verhandeln auch ohne offiziellen Hofburg-Auftrag

Obwohl Türkis-Rot seit Tagen verhandelt, hat ÖVP-Chef Christian Stocker hat bisher keinen Regierungsbildungsauftrag aus der Hofburg erhalten. Ungeklärt ist auch die Frage, wie man sich Regieren mit hauchdünner Mehrheit vorstellt.
Anfang Jänner ging es schnell zwischen ÖVP und SPÖ. Keine 48 Stunden nachdem die Neos den Verhandlungstisch verlassen hatten, stand fest: Das wird nichts mehr. Zumindest aus ÖVP-Sicht stand dies fest, man beendete die Gespräche und wandte sich der FPÖ zu.
Als auch daraus nichts wurde, ging es wieder schnell: Ausgelotet haben schwarze und rote Granden eine mögliche Wiederauflage der Gespräche schon vor dem blau-türkisen Scheitern; als dieses fix war, stand rasch fest, dass ÖVP und SPÖ miteinander regieren wollen. Sogar ein Zieldatum stand stand früh fest, laut türkis-rotem Zeitplan wird ein Abschluss bis zur nächsten Nationalratssitzung am 26. Februar angepeilt.
Alles geklärt also für Türkis-Rot? Nicht unbedingt. Denn offiziell wird das, was ÖVP und SPÖ seit Tagen tun, nicht einmal als „Verhandlungen“ bezeichnet. Obwohl die Spitzen der zwei Parteien seit Ende der vergangenen Woche täglich in wechselnden Konstellationen zusammensitzen und inhaltlich konkrete Gespräche führen. Die öffentliche Zurückhaltung hat auch mit der Hofburg zu tun: Denn Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich seit Tagen nicht in Sachen Regierungsbildung geäußert; auch am Dienstag nicht, auf „Presse“-Anfrage gibt man sich zugeknöpft ob der weiteren Vorgangsweise. Lediglich richtete Van der Bellen am Dienstag nach einem Gespräch mit Alexander Schallenberg aus, dass er sich mit dem interimistischen Regierungschef über „geo- und weltpolitische“ Fragen ausgetauscht habe. Und er Schallenberg dankbar dafür sei, die „Anliegen Österreichs“ auch international zu vertreten. Wer Schallenberg aus seiner Sicht nachfolgen sollte und wann, erklärte Van der Bellen auch an diesem Tag nicht. Einen Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung – wie ihn zuvor Karl Nehammer und danach Herbert Kickl erhalten hatten – gab es für ÖVP-Chef Christian Stocker bisher nicht. Und Insidern zufolge ist es auch alles andere als fix, dass ein solcher noch in dieser Form ergeht. Rechtlich vorgesehen ist dies ohnehin nicht.
Bei ÖVP und SPÖ ist unterdessen geplant, diese Woche die weitere Vorgehensweise zu verkünden. Alles deutet wie berichtet auf eine Zweier-Koalition hin; ganz fix ist das aber noch nicht, in der Wiener SPÖ etwa soll es auch Stimmen geben, die eine Dreier-Variante bevorzugen würden. Das liegt vor allem am parlamentarischen Alltag von Türkis-Rot. Der mit der hauchdünnen Mehrheit von nur einem Mandat hochkompliziert zu gestalten wäre.